Vampir Vadislav ist 862 Jahre alt und turnt noch immer gerne: In die Rolle dieses Blutsaugers ist einer der Autoren und Regisseure des Films "5 Zimmer Küche Sarg" - Jemaine Clement - geschlüpft.

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Wien - Die Auferstehung von den Toten ist für die Lebenden eine ernste Angelegenheit. Denn wer sich nicht gerade als Erlöser der Menschheit erweist, hegt meist böse Absichten gegen die Ungläubigen, die nicht wahrhaben wollen, es mit einem Untoten zu tun zu haben. Der Vampir ist der ungekrönte König unter ihnen: Er hat die aristokratische Eleganz und den guten Geschmack im Blut.

What We Do in the Shadows (5 Zimmer Küche Sarg) erweitert dieses Bild gleich zu Beginn, denn die Probleme des jungen Mannes, der auf unorthodoxe Weise seinem Schlafsarg entsteigt, erweisen sich als zutiefst menschlich: Kaum hat er seine Mitbewohner geweckt, muss er eine Krisensitzung wegen missachteter Hausregeln einberufen: In der Wohngemeinschaft läuft seit geraumer Zeit einiges schief. So sitzt bald eine Gruppe Vampire um den Küchentisch und diskutiert die Zuständigkeit für den Abwasch und Blutflecken am Teppich.

Die neuseeländischen Autoren und Regisseure Taika Waititi und Jemaine Clement inszenieren 5 Zimmer Küche Sarg als lakonische Mockumentary, indem sie vorgeblich ein Fernsehteam für eine Homestory über diese spezielle WG entsenden. Für die Zeichnung der Charaktere - in die Rollen zweier Vampire schlüpfen die Filmemacher selbst - bedient man sich durchaus gewitzt des umfangreichen Repertoires des Subgenres: Der Dandy im Gehrock leidet seit über hundert Jahren an einer unglücklichen Liebe; der Rebell in Lederhose und einstige Nazi-Vampir gibt den jungen Wilden; der mittelalterliche Schönling erweist sich als transsylvanischer Traditionalist, und der im Keller hausende Kahlkopf ist eine Reinkarnation des Grafen Orlok aus Murnaus Nosferatu.

In seiner episodenhaften Struktur erinnert der Film mitunter an eine Comedyserie, im Laufe derer man zwar stetig mehr über die einzelnen Figuren und ihre Beziehungen zueinander erfährt, der es aber schwerfällt, eine Erzählung in Gang zu setzen. Das Auftauchen eines vorerst noch menschlichen Außenseiters, der die in der Vergangenheit lebenden Vampire für die Gegenwart tauglich machen soll, gibt 5 Zimmer Küche Sarg immerhin eine Richtung.

Unschuldig Vampir

Dass der Vampirfilm seit einigen Jahren eine ungeahnte Renaissance erlebt, liegt nicht nur am weltweiten Erfolg von Teenagerfilmen wie Twilight, sondern auch an seiner Idee der Unschuld: Zum Vampir wird man gemacht, darf dennoch sein Äußeres zum Schein bewahren - in Zeiten des Umbruchs und der Unübersichtlichkeit gute Voraussetzungen zur Anpassung. Als Persiflage auf das populärste Subgenre des Horrorfilms ist sich 5 Zimmer Küche Sarg dieser modernen Facette durchaus bewusst: Irgendwann ist es für diese sympathischen Vampire an der Zeit, sich ihrer Verantwortung zu stellen, und wenn auch nicht für die Gesellschaft, so doch für die eigene WG. (Michael Pekler, DER STANDARD, 29.10.2014)