Gesamtdarstellung untersuchter Bereiche einer Blaseninnenwand. Auch der Weg des Endoskops ist ersichtlich.

Foto: Fraunhofer IIS

Erlangen- Schmerzt das Wasserlassen oder befindet sich Blut im Urin, könnte das auf ein Blasenkarzinom hindeuten. Klarheit verschafft eine Untersuchung mit dem Endoskop: Durch die Harnröhre führt der Arzt ein starres oder flexibles Endoskop mit einer daran befindlichen Kamera in die Blase des Patienten ein und untersucht das Gewebe auf Veränderungen.

Während solche minimalinvasiven Untersuchungen für den Patienten sehr schonend verlaufen, bergen sie für den Arzt große Herausforderungen: Er sieht jeweils nur jenen winzigen Ausschnitt des Organs, den die Kamera gerade einfängt. Ob dabei wirklich alle relevanten Bereiche der Blasenwand untersucht wurden, ist oft schwierig zu beurteilen.

Keine blinden Flecken

Forscher am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS in Erlangen haben nun eine Software entwickelt, die alle Aufnahmen zu einem Gesamtbild zusammensetzt. In Zukunft könnten Ärzte damit den gesamten untersuchten Bereich der Blase auf einen Blick sehen. Mehr noch, die Software zeigt auch an, ob Bereiche noch nicht untersucht wurden.

Um ein solches Panorama zu erstellen, nimmt die Kamera am Endoskop etwa 25 Bilder pro Sekunde auf, die sich jeweils überlappen. Die "Endorama" genannte Software sucht nach markanten Punkten in den Aufnahmen und setzt sie anhand dieser Strukturen zu einer Gesamtansicht zusammen. Während herkömmliche Fotos heute mit beinahe jedem Smartphone zu Panoramaaufnahmen kombiniert werden können, bergen Endoskopieaufnahmen vielfältigere Herausforderungen: Die Bilder sind in der Regel optisch stark verzerrt, besitzen eine niedrige Auflösung und auch der Bildkontrast ist durch die ungleichmäßige Beleuchtung vergleichsweise gering.

Marktreife in zwei bis drei Jahren

Zudem sind die Strukturen in der Blase schwach ausgeprägt - es ist daher schwierig, markante Punkte zu finden, anhand derer die überlappenden Aufnahmen zusammengesetzt werden können. Genau das soll die neue Software aber ermöglichen: In einem ersten Schritt werden die optischen Verzerrungen herausgerechnet und Schatten ausgeglichen, die durch die inhomogene Beleuchtung entstehen. Verschiedene Rechenprozesse setzen die Bilder zusammen: Während ein Prozess nach geeigneten Bildmerkmalen sucht, etwa Gefäßstrukturen auf der Blasenwand, ordnet ein anderer die Bilder zueinander passend an. Dabei wird auch die komplexe Geometrie der Blase berücksichtigt.

Erste Testläufe verliefen positiv: Die Forscher überprüften die Software zunächst an einem Phantomaufbau - einer zehn Zentimeter großen Kunststoffkugel, an deren Innenseite die Gefäßstruktur einer Blase nachgebildet wurde. Auch Videosequenzen, die bei regulären Blasenuntersuchungen aufgenommen wurden, konnten zu Panoramen zusammengefügt werden. In etwa zwei bis drei Jahren soll "Endorama" auf den Markt kommen. Auch Versionen für die Nasennebenhöhlen, den Bauchraum, den Darm und den Kehlkopf sind geplant. (red, derStandard.at, 28.10.2014)