Berlin – So unüberschaubar die Zahl der im Handel erhältlichen Nahrungsergänzungsmittel ist, so unklar ist häufig auch deren tatsächlicher Nutzen. Viele Hersteller versprechen etwa Menschen mit Arthrose, Schmerzen in den Gelenken zu lindern oder einem Verschleiß vorzubeugen. Eine solche Wirkung konnte jedoch in Studien bisher nur in geringem Maße belegt werden. Anlässlich des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) vom 28. bis 31. Oktober 2014 in Berlin diskutieren Experten, ob und wann Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel bei Arthrose sinnvoll sind und was Patienten tun können, um schmerzfrei mobil zu bleiben.
"Viele Medikamente, die einer Arthrose vorbeugen oder ihr Fortschreiten verhindern sollen, liegen nur knapp über oder auf dem Niveau eines Placebo-Effekts", erklärt Uwe de Jager, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie für Physikalische und Rehabilitative Medizin aus Freudenstadt. Auch für Nahrungsergänzungsmittel wie Chondroitin-Sulfat, Muschelextrakte, acetyliertes Hydroxyprolin (Oxaceprol), Heilpflanzen, homöopathische Mittel oder Gele, Salben, Cremes und Sprays sei die Wirkung nicht ausreichend nachgewiesen. Lediglich bei Glucosamin sei die Datenlage etwas besser. Hier gebe es in den aktuellen Leitlinien der Osteoarthritis Research Society International (OARSI) eine zurückhaltende Empfehlung.
Individuelle Therapie
Viele Medikamente bekämpfen die mit der Arthrose einhergehenden Schmerzen hingegen effektiv und ermöglichen den Patienten damit eine bessere Lebensqualität. Orthopäden unterscheiden bei der Behandlung zwischen entzündeten und nicht-entzündeten Gelenken. Liegt eine Entzündung im Gelenk vor, ist es wichtig, diese zu beseitigen, um ein Fortschreiten der Arthrose zu verhindern. "Hier stehen uns nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Diclofenac, Ibuprofen oder auch Coxibe zur Verfügung. Auch die intraartikuläre Gabe von Cortison hat sich bewährt, wobei der Langzeiteffekt noch unsicher ist", erklärt de Jager.
Hat ein Patient zwar keine akute Entzündung, leidet aber dennoch unter Schmerzen, empfiehlt der Orthopäde Paracetamol, schwache Opiate oder gegebenenfalls Medikamente, die den Nervenschmerz beseitigen. Bei Kniegelenkarthrose können auch Injektionen mit Hyaluronsäure helfen. Tatsächlich benötige aber nur ein Teil der Patienten mit diagnostizierter Arthrose eine Schmerzbehandlung: "Erfreulicherweise hat fast jeder zweite Arthrose-Patient überhaupt keine Schmerzen. Die anderen Betroffenen können zielgerichtet mit schmerzlindernden Substanzen behandelt werden", so der Spezialist.
Da die Symptome bei Schmetzpatienten sehr wechselhaft sind, ist die Arthrose-Therapie sehr anspruchsvoll: Schmerzen und Gelenkunbeweglichkeit treten phasenweise auf, erfordern also eine individuell angepasste Behandlung. Der Arzt muss dabei Schmerzsymptome, das Stadium der Arthrose, Begleiterkrankungen sowie die Vorgeschichte und persönliche Fitness des Patienten berücksichtigen. Eine Empfehlung gelte für alle Arthrose-Patienten gleichermaßen: Sie sollten sich möglichst viel bewegen, gegebenenfalls abnehmen und einen gesunden Lebensstil verfolgen. (red, derStandard.at, 28.10.2014)