Der erschossene Attentäter von Ottawa war kürzlich zum Islam konvertiert und bereits auffällig geworden - zunächst als Krimineller, dann als potenzieller Jihadist. Die kanadischen Behörden hatten ihm den Pass entzogen, damit er nicht nach Syrien in den Jihad fahren kann. Der kanadische Geheimdienst stufte ihn als "Hochrisiko" ein. Dennoch durfte er frei herumlaufen.

Und das ist mit einiger Wahrscheinlichkeit auch rechtmäßig gewesen. Es ist nicht klar, ob der offenbare Einzelgänger Drohungen ausgestoßen oder öffentlich Pläne für einen Abgang in den Jihad geäußert hatte. Wäre dem so, hätte man ihn möglicherweise verhaften und vor Gericht stellen können. Das wäre dann keine Festnahme auf Verdacht gewesen, denn jihadistische Äußerungen und Drohungen sind an sich schon eine Straftat.

In Österreich wurde vor einigen Jahren ein junger Mann ägyptischer Herkunft zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil er jihadistische Videos verfertigt hatte. Nach Verbüßung ging er nach Deutschland, Ägypten, dann in die Türkei, wo man ihn - trotz eines österreichischen Auslieferungsantrags wegen neuer Straftaten - freiließ. Jetzt ist er in Syrien.

Andere junge Männer dieser Art sind noch da. Man kann sie nur belangen, wenn sie straffällig werden, und nicht auf Verdacht festsetzen. Das ist gefährlich, aber das ist der westliche Rechtsstaat, den die Islamisten zerstören wollen. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 25.10.2014)