Die "Gipfel" mögen sich majestätisch gebärden, aber in Wahrheit sind sie auch nur eine Verkleinerungsform. Kluges Etymologisches Wörterbuch belehrt uns, dass das Wort "Gipfel" eine Verkleinerungsform zum oberdeutschen "Gupf" darstellt - was so viel wie "Spitze" bedeutet -, der der im gesamten deutschen Sprachraum verbreiten "Kuppe" entspricht.

Gipfel gibt es nicht nur in den Alpen oder Dolomiten, es gibt sie auch in der Politik, wo sie als abgekürzte Form für "Gipfeltreffen" oder "Gipfelkonferenzen" stehen. Mit der Bezeichnung "Gipfel" soll suggeriert werden, dass es bei solchen Veranstaltungen hoch (und nicht tief) hergeht. In einem formalen Sinn stimmt das auch, weil politische Gipfel erst dann zu richtigen Gipfeln werden, wenn Staats- und Regierungschefs an ihnen teilnehmen.

Ob die Ergebnisse von Gipfeln spitze sind, das ist eine andere Frage. Vielen Umweltschützern haben jedenfalls die Resultate des Brüsseler EU-Klimagipfels in dieser Woche überhaupt nicht gemundet: zu spät, zu wenig ambitioniert, und als Gipfel dann auch noch viele Schlupflöcher, die für ökologisch laxe Pappenheimer wie die Polen oder die Briten offengelassen wurden.

Apropos "munden": Falls Sie irgendwo in Vorarlberg oder sonst in einer südwestdeutschen Gegend gefragt werden sollten, ob Sie zum Frühstück einen Gipfel essen wollen, wundern Sie sich nicht: Gemeint ist das beliebte hufeisenförmige Kleingebäck, das in Ostösterreich "Kipferl" heißt. In Norddeutschland sagen sie übrigen "Hörnchen" dazu. (win, DER STANDARD, 25./26.10.2014)