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Erst Karriere, dann ein Kind: Unternehmen wie Facebook wollen das ihren Mitarbeiterinnen finanzieren.

Foto: Felix Heyder/dpa

Ein Baby zum perfekten Zeitpunkt - dank Eizelle aus dem Tiefkühlschrank: Unternehmen wie Apple und Facebook wollen das ihren Mitarbeiterinnen fortan finanzieren, damit sie ihren Kinderwunsch problemlos auf später verschieben können. Auch in Österreich werden die Mütter immer älter: Lag das durchschnittliche Gebäralter 1984 noch bei 26,1 Jahren, liegt es heute bei 30,5 Jahren. Das Problem: Ab einem Alter von 35 sinkt die Fruchtbarkeit rapide.

Hierzulande ist das "Social Freezing" aber nicht erlaubt. Unbefruchtete Eizellen dürfen lediglich bei einer medizinischen Indikation - etwa bei einer Frau, die vor einer Strahlen- oder Chemotherapie steht - eingefroren werden.

Mehrmalige Wiederholung

Das Prozedere ist wie bei einer künstlichen Befruchtung, sagt Omar Shebl, leitender Oberarzt des Kinderwunschzentrums an der Landes- Frauen- und Kinderklinik in Linz: Die Frauen durchlaufen eine Hormonspritzenkur, die zwischen sieben und zwölf Tagen dauert. Dadurch bilden sich mehrere Eibläschen. Wieviele sich bilden, hängt auch vom Alter der Frau ab. Mindestens 15 Eizellen sollten aber in Summe gewonnen werden, sagt der Frauenarzt. Oft müsse die Prozedur wiederholt werden, um mehr Eizellen zu bekommen - und damit die Chancen auf späteren Erfolg zu erhöhen.

In einem kurzen, ambulanten Eingriff werden die Eizellen entnommen und anschließend in flüssigem Stickstoff eingefroren, bis sie dann irgendwann benötigt werden: Dann werden sie befruchtet und in die Gebärmutter der Frau eingesetzt. Die Erfolgsaussichten für eine Befruchtung jener Eizellen, die das Auftauen unbeschadet überstehen, liegen bei 60 bis 70 Prozent, so Shebl. Die Geburtenrate pro aufgetauter Eizelle liegt bei 10 bis 15 Prozent.

Ein Risiko - besonders bei jüngeren Frauen - ist wie auch bei der künstlichen Befruchtung das ovarielle Überstimulationssyndrom: Ist die Hormondosis zu hoch, vergrößern sich die Eierstöcke. "Das ist aber sehr gut behandelbar", so Shebl. Wird die Hormondosis richtig gewählt, ist die Prozedur sehr verträglich.

Frauen ohne Partner um die 40

Vorteil des "Social Freezings": Auch wenn die Frau zu dem Zeitpunkt, an dem sie auf die eingefrorene Eizelle zurückgreift, schon älter ist, zählt bei der Befruchtung das Risiko des Alters, an dem die Eizelle entnommen wurde. "Das ist natürlich eine Verbesserung der Prognose", sagt Shebl. Meist sind es aber nicht junge Frauen, die im Kinderwunschzentrum Rat suchen, sondern Frauen ohne Partner um die 40: "Das ist aber nicht der Sinn von Social Freezing, denn in dem Alter sind die Erfolgsquoten schon viel niedriger."

Jüngere Frauen suchten zwar auch Rat - den Wunsch, ihre Eizellen einfrieren zu lassen, äußern sie aber nicht: " Da wird gefragt, wie es mit der Eierstockreserve und dem reproduktiven Alter aussieht. Die Frauen wollen wissen, ob sie noch ein, zwei Jahre warten können."

Dass die Methode irgendwann tatsächlich im Mainstream ankommt, bezweifelt Shebl. Diskussionen rund um den Vorstoß von Apple & Co hätten den Anschein erweckt, dass die Zukunft der menschlichen Fortpflanzung sehr technisch und automatisiert geschehe. "Aber es würde mich wundern, wenn Frauen plötzlich sagen, sie wollen nicht mehr auf natürlichem Weg schwanger werden." Denn seine Patientinnen wollten erst die natürlichen Mittel ausschöpfen, bevor sie künstliche Befruchtung in Betracht ziehen. Die eingefrorenen Eizellen könnten aber als "Back-Up" Sicherheit geben.

Wäre das Einfrieren ohne medizinische Indikation in Österreich so wie in Deutschland erlaubt, dann würde ein Behandlungszyklus auf 3.000 Euro kommen, so Shebl. 100 Euro Lagerungskosten kämen pro Jahr dazu.

Schwangerschaft mit 60

Theoretisch könnte eine Frau dank "Social Freezing" tatsächlich in jedem Alter schwanger werden. Immer wieder hört man von Frauen, die dank Eizellenspende - also der Eizelle einer jungen Frau - auch mit 60 noch schwanger werden. Bei einer so späten Schwangerschaft steigen aber auch Risiken für Mutter und Kind, betont Shebl. Eine klare Altersgrenze sei schwierig zu definieren, da die Risiken sehr individuell seien.

Übrigens können nicht nur Eizellen, sondern auch Teile der Eierstöcke eingefroren werden - auch das ist in Österreich nur bei medizinischer Indikation erlaubt. Frauen, die beispielsweise einen besonders aggressiven Tumor und dadurch keine Zeit mehr für eine Hormonkur haben, wird ein Drittel eines Eierstocks entfernt, aufbereitet und tiefgefroren, so Shebl. Später kann das Gewebe wieder eingesetzt werden. "Da haben wir schon Schwangerschaften erlebt."

Als verbreitete Methode der Fortpflanzungsmedizin werde sich aber auch das nicht durchsetzen - der Aufwand sei zu groß: "Das wäre schon sehr ferne Zukunftsmusik." Sowohl für diese Methode, als auch für das "Social Freezing" gelte: Frauen im idealen Alter fragen es nicht nach. "Wir merken da überhaupt keinen Bedarf in Linz. Die Frauen die zu uns kommen, wollen spontan und natürlich schwanger werden", sagt Shebl.

Die Debatten, die der Vorstoß ausgelöst hat, findet der Mediziner aber wichtig: Wenn das Gebäralter weiter steigt, dann sei eine gesellschaftspolitische Diskussion gerechtfertigt: "Denn das, was sich in all den Jahren nicht verändert hat, ist die Dauer der reproduktiven Phase." Und das ist für viele Frauen ein "Riesenthema". (Franziska Zoidl, derStandard.at, 24.10.2014)