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Zypriotische Soldaten zeigen nahe dem Berg Pentadaktylos, der zum türkischen Norden der seit 1974 geteilten Insel zählt, bei einer Parade Militärpräsenz.

Foto: AP Photo/Petros Karadjias

Nikosia/Ankara/Athen - Mit viereinhalb Knoten hat sich die Barbaros Hayreddin Pascha am Donnerstag in der See vor der zypriotischen Hafenstadt Limassol vorgearbeitet. Knapp acht km/h in der Stunde sind das. Reichlich langsam, aber das türkische Forschungsschiff sucht ja auch etwas: Erdgas im Meeresboden, und dies in der Ausschließlichen Wirtschaftszone, die Zypern für sich reklamiert.

Benannt hat die türkische Regierung ihr neues Forschungsschiff nach einem osmanischen Korsaren und Admiral aus dem 16. Jahrhundert, der für seinen Sultan das halbe Mittelmeer erobert hatte. Die heutige Regierung hat ihrem Schiff für die seismischen Untersuchungen sicherheitshalber gleich eine Fregatte und zwei Begleitschiffe beigestellt. Eine Provokation für den zypriotischen Präsidenten Nikos Anastasiadis.

Beim EU-Gipfel in Brüssel wollte der Staatschef seine Antwort präsentieren: Blockade der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Ein plötzlicher Bluthochdruck am Donnerstagmorgen, der den Ärzten gefährlich schien, zwang den 68-Jährigen, in seinem Hotel in Brüssel zu bleiben. Der griechische Premier Antonis Samaras sollte an seiner Stelle die Sanktionen verkünden.

Blockade für neue Verhandlungskapitel

Denn die Fahrt der Barbaros Hayreddin Pascha wiegt schwer für die griechisch-zypriotische Regierung auf der geteilten Insel. Zwei Monate soll die Suche nach Gasreserven dauern. Die Fahrt geht durch demarkierte Bereiche im Meer zwischen Zypern und Ägypten, das Gasfeld "Block Neun", das Nikosia in Ausschreibungen unter anderem an ein italienisch-koreanisches Konsortium vergeben hat. Ein ENI-Kogas-Sprecher erklärte, die Bohrungen würden weitergehen - ungeachtet der türkischen Militärpräsenz und des Forschungsschiffs.

Ankara entschied sich zudem, selbst für die türkischen Zyprer nach Gas zu suchen, während noch die Gespräche über eine Beilegung der seit 1974 geteilten Insel unter Vermittlung der Uno und Washingtons liefen. Anastasiadis setzte die Verhandlungen aus Protest Anfang des Monats aus. Zu Wochenbeginn legte die zypriotische Regierung auch die Linie für den EU-Gipfel fest: Nikosia wird eine Blockade für die Öffnung neuer Kapitel in den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei verkünden.

Damit erleiden die seit 2005 laufenden Gespräche einen schweren Rückschlag. Mehr als die Hälfte der Kapitel - 17 nämlich - liegen wegen der Zypernfrage oder wegen grundsätzlicher Einwände gegen eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU auf Eis. Nur drei können derzeit theoretisch geöffnet werden: Vergaberecht, Wettbewerbsrecht und Sozialpolitik und Beschäftigung. Diese will Nikosia nun auch noch blockieren.

Energie und Grundrechte

Noch schwerwiegender scheint, dass die griechisch-zypriotische Regierung erst recht nicht ihr früheres Veto gegen Verhandlungskapitel aufheben wird, die Türkei-freundlichen Staaten in der EU und der Brüsseler Kommission wichtig sind: Energie und Judikative und Grundrechte.

"Die Türkei braucht Motivierung", erklärt Cigdem Nas, Generalsekretärin der Stiftung für wirtschaftliche Entwicklung (IKV) in Istanbul, eines 1965 gegründeten proeuropäischen Thinktanks. Jede Öffnung eines Verhandlungskapitels erhöhe nämlich die Aussicht auf die EU-Mitgliedschaft und damit auch die Bereitschaft der türkischen Regierung, Reformen umzusetzen, sagte Nas zum Standard. (Markus Bernath, DER STANDARD, 24.10.2014)