Salzburg/Wien - Die Salzburgerin Brigitte Höfert wird am Freitag nach Wien reisen. Die heute 74-Jährige ist die Tochter des 1944 im KZ Mauthausen ermordeten Goldegger Deserteurs Karl Rupitsch. Höfert möchte bei der Enthüllung des Denkmals für die Opfer der NS-Militärjustiz am Ballhausplatz um 11 Uhr dabei sein, schließlich ist das Denkmal auch ihrem Vater gewidmet.

Höfert kommt nach Wien, obwohl sie zu der Feier nicht eingeladen wurde. Begleitet wird sie von dem Salzburger Historiker Michael Mooslechner, der die Geschichte der Deserteure aus Goldegg (Pongau) wissenschaftlich aufgearbeitet hat. Auch er wurde nicht eingeladen.

Ignoranz gegenüber den Opfern

Die beiden Salzburger sind nicht die Einzigen, auf die im Vorfeld einfach vergessen wurde. Zwar darf der heute 92-Jährige Wehrmachtsdeserteur Richard Wadani als Vertreter der Opfer kurz - drei Minuten - sprechen, die Opferverbände aber wurden zumindest bis Donnerstagmittag zur Enthüllung des Denkmals wie zum anschließenden Festakt nicht eingeladen.

"Wir kommen trotzdem mit einer Delegation", sagt der Bundesvorsitzende der Sozialdemokratischen Freiheitskämpfer, Johannes Schwantner, im STANDARD-Gespräch. "Erstaunt und empört" über die Ignoranz gegenüber den Opfern reagiert auch der Bundesvorsitzende des KZ-Verbandes, Harald Grünn. Er betont, dass es viele politisch bewusste Deserteure gegeben habe, "die nach dem Überlaufen zu den Alliierten in deren Reihen für die Befreiung Österreichs kämpften".

"Für jeden zugänglich"

Dass den Nazi-Opfern, ihren Nachfahren und Organisationen auch diesmal wieder das widerfahren ist, was sie in der Geschichte der Zweiten Republik so oft erleben mussten, dürfte mehr am allgemeinen Desinteresse der beteiligten Einrichtungen liegen als ein politisch bewusster Akt gewesen sein. "Ich weiß aber nicht, was schlimmer ist", sagt KZ-Verbandsvorsitzender Grünn.

Zuständig für die Organisation der Feierlichkeiten war jedenfalls die Gesellschaft für Kunst im öffentlichen Raum (KÖR) der Stadt Wien. KÖR-Geschäftsführerin Martina Taig betont, dass die Enthüllung des Denkmals ohnehin "für jeden zugänglich ist, der dabei sein will". Dass man Opfer, deren Verwandte und Opferorganisationen nicht eingeladen habe, "tut mir sehr leid", sagt Taig. Man habe einfach den "normalen KÖR-Verteiler" beschickt. Einen Teil der Verantwortung sieht Taig freilich auch bei anderen beteiligten Institutionen. Man habe einfach keine weiterführenden Informationen und Namen erhalten. (Thomas Neuhold, DER STANDARD, 24.10.2014)