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Kohlekraftwerk des deutschen Energieriesen RWE mit Rheinspiegelung: Das Klima-und-Energie-Paket, das in Brüssel festgezurrt werden soll, birgt manche Überraschung.

Foto: Reuters/Fassbender

Gibst du mir, geb ich dir: Nach dieser Devise soll auf dem Gipfel der EU-Staats- und -Regierungschefs am Donnerstag und Freitag in Brüssel vorgegangen werden, um doch noch ein Klima-und-Energie-Paket festzurren zu können.

Es geht um die neuen Zielwerte für die Reduktion des Klimakillers CO2, um den Ausbau erneuerbarer und damit gekoppelt das Zurückdrängen fossiler Energien sowie mehr Effizienz beim Einsatz derselben. Und es wird teuer. Denn die ärmeren Länder in der EU, deren Energieerzeugung noch immer stark kohlelastig ist, wollen sich ihre Zustimmung zum Vorschlag der EU-Kommission für neue statt der bestehenden 20-20-20-Ziele möglichst teuer abkaufen lassen. Es geht um Transferzahlungen in Milliardenhöhe.

Geplant ist laut Standard-Informationen ein Verzicht der reicheren Länder, also auch Österreichs, auf zehn Prozent der ihnen zustehenden CO2-Quote. Der Auktionserlös daraus soll den sogenannten Visegrád-Staaten zufließen, das sind neben Polen auch noch Ungarn, Tschechien und die Slowakei. Damit will sich diese Ländergruppe ihre Zustimmung zu den ambitionierteren Zielen, die EU-weit bis 2030 erreicht werden sollen, abkaufen lassen. Es geht in Summe um drei bis fünf Milliarden Euro, die auf diese Weise in der Union umverteilt würden - stark abhängig vom Preis je Tonne CO2 am Ende der dritten Emissionshandelsrunde 2013 bis 2020 und von der Anzahl an Gratiszertifikaten, die es noch geben wird.

"Österreich muss kräftig mitzahlen", sagte Stephan Schwarzer, Leiter der Abteilung Umwelt- und Energiepolitik in der Wirtschaftskammer Österreich, dem STANDARD. "Das ist Geld, das unseren Betrieben, die in den vergangenen Jahren massiv in Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und der CO2-Vermeidung investiert haben, letztlich abgeht."

Neben Gratiszertifikaten, die es auch in Zukunft geben wird, (wenn auch in geringerem Umfang) werden in der vierten Emissionshandelsrunde 2021 bis 2030 erneut Verschmutzungsrechte ausgegeben, deren Zahl Jahr für Jahr sinkt. Sie werden an Unternehmen verkauft, die mehr CO2 in die Luft blasen, als sie dürften.

Geld ohne Auflagen

Die reicheren EU-Länder, die meist auch einen ausgewogenen Energiemix haben, sollen weiterhin 100 Prozent der ihnen zugeteilten Zertifikate auktionieren, aber nur 90 Prozent des Geldes einkassieren. Die restlichen zehn Prozent sollen den ärmeren Ländern zufließen - so der Deal, der im Vorfeld des Gipfels bereits als gegessen bezeichnet wurde.

Die begünstigten Länder können das Geld aus dem Verkauf dieser Quoten für Investitionen in ihren eigenen kohlenstoffarmen Energiemix nutzen, müssen aber nicht. "Es gibt keine Auflagen", sagte ein Insider, der nicht genannt werden wollte.

Angela Köppl, die im Wirtschaftsforschungsinstitut die Themenfelder Umwelt, Energie und Landwirtschaft beackert, fände das nicht gut. "Möglicherweise wird die Sonderbehandlung des Stromsektors, die es in einigen Ländern noch gibt, einkassiert," sagte Köppl. Anders als in der Rest-EU profitieren Energieversorger etwa in Polen noch immer von Gratiszertifikaten. Köppl relativiert aber: "Das mit der Streichung der Ausnahme ist nur eine Vermutung."

Fix dürfte sein, dass das CO2-Reduktionsziel von derzeit 20 (bis 2020) auf 40 Prozent in der nächsten Periode bis 2030 erhöht wird - verbindlich. Der Anteil der Erneuerbaren am Gesamtenergiemix soll von 20 auf 27 Prozent, die Energieeffizienz auf 30 Prozent gegenüber 1990 erhöht werden, allerdings unverbindlich. (Günther Strobl, DER STANDARD, 23.10.2014)