Claudia Bandion-Ortner ist die stellvertretende Generalsekretärin des umstrittenen Dialogzentrums.

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DER STANDARD beantwortet häufig gestellte Fragen zum König-Abdullah-Zentrum.

Frage: Wer hatte wann die Idee, das König-Abdullah-Zentrum in Wien zu etablieren?

Antwort: Der damalige Außenminister Michael Spindelegger hat in einem Ministerratsvortrag Ende des Jahres 2010 seinen Regierungskollegen erstmals die Idee des saudischen Königs Abdullah präsentiert, in Wien das Dialogzentrum zu gründen, berichtet die grüne Abgeordnete Alev Korun. Spindelegger soll damals erklärt haben, diese Initiative auch forcieren zu wollen.

Frage: Wann wurde das König-Abdullah-Zentrum in Wien eigentlich gegründet?

Antwort: Ein entsprechender Nationalratsbeschluss vom Juli 2012 ebnete den Weg zur Errichtung des König-Abdullah-Zentrums für interreligiösen und interkulturellen Dialog. Dafür waren die SPÖ, die ÖVP und das BZÖ. Dagegen stimmten FPÖ und Grüne. Die ÖVP verteidigte das Zentrum mit dem Hinweis, dass dessen Gründung unverzichtbar und Wien eine Stadt des Dialogs sei. Die Grünen kritisierten: "Der Bock wird zum Gärntner gemacht."

Frage: Warum ist das Zentrum so umstritten?

Antwort: Laut Amnesty International wurden in Saudi-Arabien im Jahr 2013 mindestens 79 Todesurteile vollstreckt. 2014 wurden bisher 60 Menschen hingerichtet. Kritiker sehen im Zentrum einen Versuch Saudi-Arabiens, sein international wegen der Menschenrechtsverletzungen angeschlagenes Image aufzupolieren. Heinz Patzelt, Generalsekretär von AI, kritisierte außerdem: "Ein Zentrum, das es zulässt, dass seine Spitzenvertreterin in Österreich sich dermaßen verharmlosend zu schwersten Menschenrechtsverletzungen im Bereich der Todesstrafe und Frauendiskriminierung äußert, verliert jegliche Legitimation, zu einer besseren und menschenrechtskonformeren Welt beizutragen." Patzelt fordert daher von der Regierung, "jegliche rechtliche Privilegierung dieses Vereins zu beenden".

Frage: Bandion-Ortner hat gesagt, ihre Aussagen wurden aus dem Kontext gerissen. Was stimmt nun?

Antwort: Das Nachrichtenmagazin "Profil" hat einen Tonbandmitschnitt veröffentlicht. Auf die Frage zu öffentlichen Hinrichtungen nach dem Freitagsgebet hat die ehemalige Justizministerin lachend geantwortet: "Das ist nicht jeden Freitag. Das ist ein Blödsinn."

Frage: Wo hat das Zentrum seinen Sitz?

Antwort: Das Dialogzentrum hat seinen Sitz im Palais Sturany am Wiener Schottenring. Der saudische König Abdullah hat das Palais im Jahr 2011 gekauft. Als ausländisches Staatsoberhaupt wurde er "internationalen Gepflogenheiten entsprechend" von der Steuer befreit, hieß es vonseiten des Außenministeriums.

Frage: War die ehemalige Justizministerin Claudia Bandion-Ortner von Anfang an mit im Boot?

Antwort: Ja. Dass Bandion-Ortner - vorerst interimistisch - die stellvertretende Generalsekretärin werden sollte, stand schon vor der Errichtung fest. Zuvor war sie bei der Internationalen Antikorruptionsakademie (IACA) in Laxenburg tätig. Die IACA genießt übrigens ebenso wie das Abdullah-Zentrum einen völkerrechtlichen Sonderstatuts.

Frage: Musste sich Bandion-Ortner einem Ausschreibungsverfahren unterziehen?

Antwort: Nein. In einer parlamentarischen Anfrage sagte Spindelegger dazu: "Die öffentliche Ausschreibung der Position des Generalsekretärs einer internationalen Organisation sowie seines Stellvertreters entspricht nicht den zwischenstaatlichen Usancen und ist daher auch in diesem Fall nicht erfolgt."

Frage: Wer bezahlt Bandion-Ortners Gehalt?

Antwort: Laut Abdullah-Zentrum bezahlt die Institution mittlerweile selbst das Gehalt seiner stellvertretenden Generalsekretärin. Zuvor bezahlte das Justizministerium pro Monat 5500 Euro brutto für die karenzierte Richterin im Rahmen einer Personalleihe. Die Gehaltsfortzahlung soll allerdings auf ein Jahr befristet gewesen sein.

Frage: Was macht das Zentrum eigentlich?

Antwort: Das Zentrum will sich um interreligiösen Dialog bemühen. So befinden sich im Leitungsgremium Vertreter der großen Weltreligionen (Judentum, Christentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus). Ende August kündigte Bandion-Ortner an, eine internationale Front gegen die Terrormiliz auf die Beine stellen zu wollen.

Frage: Was hat es mit dem völkerrechtlichen Sonderstatus des Abdullah-Zentrums auf sich?

Antwort: Im Staatsvertrag wird dem Abdullah-Zentrum die Unverletzlichkeit seines Amtssitzes, die Befreiung von der Gerichtsbarkeit, die Unverletzlichkeit der Archive und die Befreiung von Steuern und Zöllen gewährt. Weiters werden darin die Privilegien und Immunitäten der Mitarbeiter des Zentrums geregelt. So genießen Mitarbeiter in und gegenüber der Republik Österreich die "Befreiung von jeglicher Gerichtsbarkeit in Bezug auf die in Ausübung ihrer amtlichen Funktionen gemachten mündlichen oder schriftlichen Äußerungen und gesetzten Handlungen, wobei diese Befreiung auch dann weiterbesteht, wenn die Personen nicht mehr Mitarbeiter des Zentrums sind". Die Republik stelllt dem Zentrum außerdem für jedes von ihm gehaltene Fahrzeug ein Diplomatenkennzeichen zur Verfügung.

Frage: Wie lange ist dieses Abkommen gültig?

Antwort: Das Abkommen wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen und ist 2012 in Kraft getreten.

Frage: Kann Österreich von diesem Vertrag zurücktreten?

Antwort: Im Abkommen heißt es: Dieses Abkommen kann von jeder der beiden Parteien durch eine schriftliche Mitteilung gekündigt werden. Es tritt sechs Monate nach dem Erhalt einer solchen Mitteilung außer Kraft. Die grüne Abgeordnete Korun forderte am Mittwoch: "Die Bundesregierung muss sich einen Ruck geben und endlich ihren Rücktritt aus dem Vertrag erklären." So wie der Vertrag zustande gekommen ist, müsste er auch wieder aufgelöst werden. Werner Zögernitz, Präsident des Instituts für Parlamentarismus, erklärt: "Es müsste dem Parlament die Kündigung des Vertrages zur Abstimmung vorgelegt werden."

Frage: Wer finanziert das Zentrum?

Antwort: Das Dialogzentrum erhält Unterstützung von den Regierungen von Saudi-Arabien, Spanien und Österreich, von denen jede im Council of Parties des Zentrums vertreten ist. Auch aus dem Vatikan erhält das Institut Unterstützung. Die Grünen wollen nun mittels parlamentarischer Anfrage herausfinden, wie viel die Republik bisher für das Zentrum genau beigesteuert hat. (Katrin Burgstaller, derStandard.at, 22.10.2014)