Der junge Bartgeier Felix kurz nach seiner Freilassung im Nationalpark Hohe Tauern. Mittlerweile ist der Vogel teilweise Hunderte Kilometer am Tag unterwegs.

Foto: Nationalpark Hohe Tauern, Michael Knollseisen

Salzburg - Der Bartgeierpopulation in den heimischen Alpen wächst und gedeiht: Derzeit dürften rund 30 bis 35 Exemplare der riesigen Greifvögel in Österreich leben, gesichert ist seit letzter Woche eine Zahl von 24 Tieren. Das haben die vom Nationalpark Hohe Tauern organisierten Bartgeierzähltage 2014 ergeben. Noch nie zuvor konnten damit so viele Exemplare des Greifvogels beobachtet werden - auch weil heuer gleich zwei Brutversuche in freier Wildbahn erfolgreich waren.

"Die Entwicklung der Population ist positiv. In Salzburg und Kärnten gab es je eine Wildbrut, zusätzlich wurden zwei Jungtiere in Osttirol freigelassen. Außerdem hatten wir heuer keine Ausfälle zu verzeichnen. Üblicherweise gehen ein bis zwei Tiere im Jahr verloren, zuletzt etwa durch Bleivergiftungen", sagte der Bartgeierbeauftragte des Nationalparks Hohe Tauern, Michael Knollseisen. Ihm zufolge wurde die Zahl der Tiere im Jahr 2010 noch auf 20 bis 25 Tiere geschätzt. Im gesamten Alpenraum dürften laut Knollseisen derzeit rund 200 Bartgeier fliegen.

Schwierig zu zählen

Die Zählung ist allerdings immer mit Unschärfen verbunden. In den Vorjahren herrschte Schlechtwetter, da seien deutlich weniger Meldungen eingetrudelt. Zugleich sei eine Zuordnung von Tieren in Landesgrenzen schwierig. "Junge Bartgeier wechseln sehr schnell die Gegend. Sie fliegen zum Teil Hunderte Kilometer am Tag und wechslen zwischen Österreich, Italien und der Schweiz hin und her. Ältere Vögel haben ein fixes Revier. Sie sind ebenfalls sehr aktiv, bleiben aber auf einen Radius von 30 bis 40 Kilometer beschränkt", sagte Knollseisen.

Bei den Bartgeierzähltagen wird jeden Herbst im ganzen Alpenraum für wenige Tage versucht, die Population des hierzulande schon einmal ausgerotteten Raubvogels möglichst genau zu erheben und eventuelle nicht bekannte Vorkommen zu entdecken. Nur ein Teil der Bartgeier trägt Sender, deshalb ist die Mithilfe von Beobachtern wichtig. Wer immer glaubt, einen Bartgeier zu sehen - das Tier schafft es auf bis zu drei Meter Flügelspannweite - kann seine Sichtung während der Zähltage im Internet eintragen oder an den Nationalpark melden.

Dass Junggeier innerhalb weniger Tage sehr große Gebiete durchstreifen, zeigt auch folgende Tatsache. Der im Mai freigelassene Felix verbrachte laut Nationalpark die letzte Woche in Osttirol, am Samstag flog er in einem Zug nach Cortina. Sein Nestpartner Kilian war in der Vorwoche bis ins Tiroler Lechtal geflogen, am Retourweg in die Hohen Tauern überflog er die gesamten Dolomiten. (APA/red, derStandard.at, 27.10.2014)