Sich an alte Zeiten erinnern und noch etwas erleben: In "Hin und weg" geht es um die finale Lebensphase eines Menschen.

Foto: Filmladen

Wien - Es gibt viele Gründe, nach Belgien zu fahren. Für eine Fahrradtour ist das Land außerdem von Deutschland aus gut erreichbar, und wenn man sich an die Nebenstraßen hält, kann man während der Reise auch einiges erleben. Für Hannes (Florian David Fitz) geht es jedoch darum, die Reise zu überleben.

Denn Hannes fährt zum Sterben nach Belgien, und weil er in seiner letzten Stunde seine Freunde um sich versammelt haben möchte, haben seine Frau Kiki (Julia Koschitz) und er die Tour als langen Abschied geplant. Noch ein einziges Mal Spaß haben, noch ein einziges Mal am Lagerfeuer sitzen und sich der alten Zeiten erinnern, noch ein letztes Mal im Zelt schlafen und durch den Regen laufen. Für den unheilbar Kranken, auf den am Ende der Fahrt die Sterbehilfe wartet, bedeutet das Alltägliche das größte Glück.

Aus dem Zweck dieser Unternehmung macht Hin und weg von Beginn an kein Geheimnis, ein kurzer Zwischenstopp mit Übernachtung bei Hannes' eingeweihter Mutter (Hannelore Elsner) bringt bald die Wahrheit zutage. Wofür sich der Regisseur und Koautor Christian Zübert (Lammbock; Dreiviertelmond) in der Folge deshalb auch vornehmlich interessiert, ist der jeweilige Umgang der Freunde mit der schockierenden Nachricht. Dass die Bandbreite der Reaktionen von anfänglicher Bestürzung über Trauer, Mitleid und Wut reicht, überrascht dabei ebenso wenig wie Hannes' zum Scheitern verurteilter Versuch, der Reise jene Normalität zu bewahren, die er sich wünscht.

Wechselbad der Gefühle

Auf ein solches Wechselbad der Gefühle setzt auch Zübert, indem er, um die Erzählung von der großen Schwermut zu befreien, sich in mehreren Episoden den einzelnen Teilnehmern der sechsköpfigen Truppe widmet. Doch diese sich verästelnden Nebenhandlungen - der Frauenheld findet die Liebe in der Dorfdisko, das befreundete Paar aus der Beziehungskrise, der verängstigte Bruder zu sich - erweisen sich als sonderbare und teilweise seltsam humorvolle Seitenblicke auf die Figuren, die letztlich zunehmend aus ihren anfänglichen Begleiterrollen fallen.

Dem eigentlich großen Thema, nämlich der Frage nach der ethischen Verantwortung, widmet sich dieser Film jedoch nur bedingt und auf Umwegen. So steht am Ende auch weniger Hannes' Wunsch nach aktiver Sterbehilfe zur Diskussion, sondern was dieser für die Angehörigen und Freunde bedeutet. Und hier bleibt Hin und weg mit seiner Antwort wenig überraschend sehr allgemein: eine Besinnung auf die wahren Werte des Lebens. (Michael Pekler, DER STANDARD, 23.10.2014)