Wien - Mit dem 41-jährigen Peter McDonald hat der Hauptverband der Sozialversicherungsträger seit Dienstag einen neuen Chef. Offiziell übernimmt der Oberösterreicher mit irischen Wurzeln "sanierte" Krankenkassen, wie sein Vorgänger, der neue Finanzminister Hans Jörg Schelling, stolz verkündete. DER STANDARD nimmt die Personalrochade zum Anlass, die Finanzen der Krankenkassen näher zu beleuchten. Dabei zeigt sich vor allem: Die Entschuldung der Kassen erfolgte zur Gänze durch den Steuerzahler.

Die konkreten Zahlen: Im Jahr 2008 standen die Kassen in Summe mit 1096,8 Millionen Euro in der Kreide. 2009 beschloss die Regierung dann gemeinsam mit der Sozialversicherung ein Sanierungskonzept.

Kosten steigen langsamer

Im Zuge dessen wurde festgelegt, dass die Budgets für Ärzte, Institute, Medikamente, Physiotherapie und Transporte nicht mehr so stark steigen dürfen wie in der Vergangenheit. Das gelang auch: Im Vorjahr legten die Ausgaben insgesamt um 3,2 Prozent auf 15,7 Milliarden zu, bei den Einnahmen hingegen wurde ein Plus von 3,4 Prozent auf 15,9 Milliarden verzeichnet. Die Ausgaben für Arzneimittel, die früher zeitweise zweistellig gewachsen sind, waren 2013 sogar gleich hoch wie 2008 (drei Milliarden).

Unterm Strich lässt sich also sagen: Die Kassen haben es aus eigener Kraft geschafft, die laufende Gebarung halbwegs ausgeglichen zu gestalten und eine Neuverschuldung zu vermeiden. Der Abbau der alten Verbindlichkeiten gelang aber nur durch die Hilfe des Bundes. Passiert ist das über mehrere Schienen:

  • Einmalzahlung 2009 schoss die Regierung 45 Millionen Euro zu.
  • Schuldenverzicht In den Jahren 2010 bis 2012 wurde vom Bund ein Schuldenverzicht im Ausmaß von 450 Millionen gewährt.
  • Kassenstrukturfonds Zwischen 2010 und 2014 wurden 260 Millionen Euro ausgeschüttet. Geknüpft waren die Zahlungen an das Erreichen der erwähnten Finanzziele.
  • Medikamente Für die bezahlte Mehrwertsteuer auf Medikamente bekommen die Kassen einen Ersatz. Zwischen 2009 und 2013 lagen die Zahlungen des Finanzministeriums aber um 495,8 Millionen Euro über den tatsächlichen Ausgaben.

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Die Ausgaben für Arzneimittel stiegen in den vergangenen Jahren nur mehr leicht.
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Macht in Summe also 1,25 Milliarden Euro an zusätzlichen Einnahmen seit 2009. Auf der anderen Seite wurde der Schuldenstand auf nur mehr 51,4 Millionen im Vorjahr gedrückt - wobei der Großteil auf die Wiener Gebietskrankenkasse entfiel.

Im Hauptverband will man sich den eingeschlagenen Kurs trotzdem nicht kleinreden lassen. Der hohe Schuldenstand sei vor allem durch Belastungen der schwarz-blauen Regierung ab dem Jahr 2000 entstanden, heißt es. Rot-Schwarz habe also nur einen Ausgleich dafür geschaffen.

Muss in den kommenden Jahren darauf achten, dass das Minus nicht wieder zu groß wird: der neue Hauptverband-Chef Peter McDonald.
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In den kommenden Jahren könnte sich die Finanzlage dennoch wieder verschärfen. Der Kassenstrukturfonds läuft mit Ende 2014 aus. Die Mehrwertsteuer auf Medikamente wird bereits seit heuer nur mehr im tatsächlichen Ausmaß rückvergütet. Gleichzeitig muss die von der Regierung versprochene Gratiszahnspange finanziert werden, die voraussichtlich mit 80 Millionen Euro pro Jahr zu Buche schlägt. Die Prognose des Hauptverbands ist daher nicht rasend optimistisch: Nach einem Plus von 62 Millionen im heurigen Jahr wird 2015 bereits wieder mit einem Minus von 51 Millionen gerechnet, 2016 bereits mit einem Loch von 161 Millionen. (Günther Oswald, DER STANDARD, 22.10.2014)