So dürften es Panzerfische vor knapp 400 Millionen Jahren getrieben haben. Ob der Voyeurismus damals auch gleich miterfunden wurde, wie diese Illustration nahelegt, darf allerdings bezweifelt werden.

Illu: Brian Choo/Flinders University

Kopulations-Rekonstruktion.

Illu: Brian Choo/Flinders University

Fossil eines Weibchens.

Illu: : Phil Hurst/British Museum, London

London/Wien - Sex gilt als eine der großartigeren Erfindungen der Evolution. Und zwar in erster Linie deshalb, weil es bei der sexuellen Fortpflanzung zur Verschmelzung von Ei- und Samenzelle kommt und damit zu einer Neukombination der Gene. Das wiederum ermöglicht die permanente Weiterentwicklung der Arten.

Die Existenz von zwei verschiedenen Geschlechtern und die Praxis der geschlechtlichen Fortpflanzung gehen sehr weit zurück in der Evolution. Doch wann wurde eigentlich das Kopulieren erfunden, also die Befruchtung innerhalb des Mutterleibes?

Praktiziert wird diese Art von Sex heute von allen Landwirbeltieren einschließlich des Menschen. Dazu kommen etliche Insektenarten und Haie. Da diese Form der Befruchtung und Lebendgeburten als fortschrittlichere Methoden der Fortpflanzung angesehen werden, gingen Forscher bisher davon aus, dass sie später entstanden ist als die Eiablage außerhalb des Körpers.

Älteste bekannte Genitalien

Doch nun dürften neue, in Schottland entdeckte Fossilien einer ursprünglichen Unterart der Panzerfische, die vor rund 375 Millionen Jahren ausstarb, diese Annahme auf den Kopf stellen. Wissenschafter um John Long (Flinders University in Adelaide) entdeckten an den Überresten sogenannter Antiarchi nämlich die bislang ältesten bekannten Genitalien: spezielle penisartige Flossen bei den Männchen und passende lamellenartige Strukturen bei den Weibchen.

New Scientist

Innere vor äußerer Befruchtung?

Das würde bedeuten, dass die innere Befruchtung vor der äußeren entstanden sein könnte, wie die Forscher im Fachblatt "Nature" mutmaßen. Denn aus den Panzerfischen entwickelten sich zuerst die Knorpel- und die Knochenfische, dann schließlich auch Amphibien, Reptilien, Vögel und Säugetiere.

Grafik: Aufstieg und Fall der Kopulation (zum Vergrößern klicken!).
Illu.: John Long, Brian Choo/Flinders University

Das würde aber auch bedeuten, dass die Geschichte der männlichen Geschlechtsorgane neu geschrieben werden muss. Die sind allem Anschein nach vor rund 430 Millionen Jahren verloren gegangen, um erst vor rund 300 Millionen Jahren als "moderner Penis" bei den Tetrapoden wieder aufzutauchen. (tasch, DER STANDARD, 21.10.2014)