Formvollendeter Rockstar: Steffen Höld als David Gahan in "Als ich einmal tot war und Martin L. Gore mich nicht besuchen kam".

Foto: Alexi Pelekanos

Wien - Irgendwann zerdeppert Steffen Höld als David Gahan auch noch den Spiegel, der die ohnehin schon karge Bühnenausstattung bereicherte. Der Moment, in dem er mit seinem Barhocker auf den Spiegel eindrischt, ist so etwas wie die Quintessenz der Uraufführung, die Klemens Gindl im Nachbarhaus des Schauspielhauses inszeniert: Als ich einmal tot war und Martin L. Gore mich nicht besuchen kam erzählt in einem gut einstündigen Redeschwall vor allem von Ichbezogenheit, Selbstzerstörung und Rockstar-Allüren.

Autor Daniel Mezger lässt in seinem Stück den Depeche-Mode-Sänger ausführlich von seinem Leben und Sterben erzählen - David Gahan kann das, denn er war einmal für drogeninduzierte zwei Minuten klinisch tot. Und dieser fiktive David Gahan ist mächtig stolz darauf. Steffen Höld gibt ihn in formvollendeter Egozentrik. Ob er im Bademantel auf seinem Podest hinter dem Mikro steht oder im weißen Glam-Rock-Gedächtnis-Plüschmantel (Kostüm: Anna Panzenberger), immer dreht sich die Welt um ihn. Ist ja auch sonst keiner da.

Ob er von einer zufälligen Begegnung mit Britney Spears erzählt oder von seinen Bandkollegen: Alle Figuren existieren nur in seiner Rede, er spricht sie mit verstellter Stimme. Es geht einzig um seine Erinnerung - und die ist, was will man von einem Exjunkie anderes erwarten, extrem brüchig. "Wo war ich?", fragt Höld immer wieder fahrig; ein Satz wie ein Refrain, der diese Litanei über das Verlorensein im eigenen Leben und Denken taktet und gliedert.

Regisseur Gindl begleitet Höld auf der Bühne mit Gitarre und Musikeinspielungen, ansonsten folgt man dem Motto, das in Leuchtschrift an der Wand steht und auf ein Lied von Depeche Mode verweist: Dream On. Es ist die Gedankenwelt des fiktiven Gahan, die er hier auf die Bühne stellt, es sind dessen Träume und Albträume - etwa dass ihm der verhasste Bandkollege Martin L. Gore das Handy geklaut und ihn im Snake-Computerspiel besiegt hat. Während eines Konzertes!

Abbild der Ich-Gesellschaft

Naturgemäß passiert nicht viel in der Geschichte, die Höld alias Gahan erzählt, respektive sind die Ereignisse einfach reichlich redundant: Es läuft immer wieder auf den vorübergehenden Tod des Erzählers hinaus. Mezgers Text ist dabei oft sehr witzig; Höld bringt den selbstverliebten Rockstar unaufdringlich und überzeugend auf die Bühne.

Es ist am Ende ein Abbild der Ich-Gesellschaft, das dieser Abend zeichnet; er ist das Spiegelbild einer Welt, in der sich jeder am liebsten um sich selbst dreht - Selfies machend oder auf Facebook das eigene Befinden postend. Das geht nicht gut aus, sagt dieser Abend. Und dann zerbricht das Spiegelbild. (Andrea Heinz, DER STANDARD, 21.10.2014)