Zwei neue ausschließlich auf Tabletten basierende Behandlungsregime, die mit Hepatitis-C-Virus (HCV) vom Genotyp 1 infizierte Patienten schnell heilen, könnten bald in ganz Europa allgemein verfügbar sein. Dies erklärten Fachleute anlässlich der am Wochenende eröffneten Europäischen Gastroenterologie-Woche mit 14.000 Teilnehmern in Wien.

"Diese neuen Therapien in Tablettenform bieten potenziell eine wirksamere, sicherere und schnellere Eradikation der Viren als aktuelle Therapien, selbst bei bisher schwer zu heilenden Patienten", sagte Experte Michael Manns von der Medizinischen Hochschule Hannover.

Globale Epidemie

Das Hepatitis-C-Virus (HCV) hat eine globale Epidemie ausgelöst: Weltweit leiden mehr als 180 Millionen Menschen an einer chronischen HCV-Infektion. HCV-Genotyp 1 ist für die Mehrzahl der Infektionen in Europa verantwortlich und gilt als am schwersten zu heilende Variante der Erreger. Bis vor Kurzem umfasste die Standardversorgung bei chronischer HCV-Genotyp-1-Infektion eine Arzneimittelkombination, die starke Nebenwirkungen verursachen konnte und auf komplizierten Injektions- und Tablettentherapien mit einer Behandlungsdauer von bis zu einem Jahr basierte.

"Diese Behandlungsmethoden sind zwar wirksam, jedoch schwer zu managen und werden von vielen Patienten schlecht toleriert. Einige Ärzte weigern sich, sie anzuwenden", so Manns. "Wir benötigen dringend einfachere, hochwirksame Therapien, die für mehr Patienten geeignet sind und nicht so starke Toxizität verursachen."

Wirkstoff-Kombination

Bei zwei vor Kurzem veröffentlichten Studien wurden verschiedene Kombinationen oraler antiviraler Substanzen zur Behandlung von Patienten mit chronischer HCV-Genotyp-1-Infektion eingesetzt. Im Rahmen der ersten Studie erhielten 645 Patienten mit chronischer HCV-Erkrankung durch Genotyp 1b-Viren zweimal täglich einen NS3-Proteasehemmer (Tablette) sowie einmal täglich einen NS5A-Replikationskomplex-Inhibitor (Tablette) bzw. ein Placebo.

Zwölf Wochen nach Ablauf des 24-wöchigen Behandlungszeitraums hatte die Kombinationstherapie bei 90 Prozent der zuvor unbehandelten Patienten und bei 82 Prozent der Patienten, die auf vorausgegangene Therapien nicht angesprochen hatten bzw. diese nicht tolerieren konnten, zu einem dauerhaften virologischen Ansprechen (sustained virological response, SVR) geführt, das als Heilung gilt.

Positive Ergebnisse

In einer zweiten Studie wurden 167 Patienten mit HCV-Genotyp 1a und 1b per Zufall in Gruppen eingeteilt und einmal täglich mit einem NS3/4A-Proteasehemmer der zweiten Generation sowie einmal täglich mit einem NS5B-Polymerase-Inhibitor mit oder ohne Ribavirin (bereits bisher neben Interferon als Therapeutikum vorhanden) behandelt.

Nach zwölfwöchiger Behandlungsdauer war bei 93 Prozent der Patienten (einschließlich Patienten mit Zirrhose sowie Personen, die nicht auf Interferon ansprechen) eine dauerhafte Unterdrückung des Virus erzielt. Wiederum wurde die Kombinationstherapie gut toleriert. Weniger als zwei Prozent der Patienten berichteten von schweren Nebenwirkungen beziehungsweise brachen die Behandlung aufgrund von Nebenwirkungen ab.

"Die Ergebnisse dieser beiden Studien legen nahe, dass Therapien auf Interferon- und Ribavirin-Basis gegen chronische HCV-Infektionen schon bald der Vergangenheit angehören könnten", sagt Manns. Die neuen tablettenbasierten Therapien seien ein "Schlüsselmoment" in der Geschichte der HCV-Behandlung und ein wichtiger Schritt hin zu universell wirksamen, spritzenfreien Behandlungsmethoden. Allerdings sind die neuen Therapien extrem kostenaufwändig. Es gibt aber bereits Bemühungen, die Kosten zu senken. (APA, derStandard.at, 20.10.2014)