Altes, Ausgedientes nicht einfach wegwerfen, sondern mit Achtsamkeit und Kreativität neuen Sinn geben, lautet das Motto von Kre:Art

Christian Fischer

Monika Seyrl und ihr Lieblingsstück im Kre:Art-Shop: das ehemalige Bullauge einer Waschmaschine. Die nun sandgestrahlte Designschüssel ist sogar backrohrtauglich,

Christian Fischer

Wird in den Kre:Art-Räumen ein Kindergeburtstag gefeiert, ist dieses Stück traditionellerweise der Thron. Der Stuhl wurde mit unzähligen Plüschtieren verziert, die Kinder nicht mehr brauchten.

Christian Fischer

Krems - Was ihr Lieblingsstück ist? Da braucht Monika Seyrl nicht lange nachzudenken. Spontan greift sie in ein Regal und greift eine sandgestrahlte Schüssel heraus: Im früheren Leben war diese schicke Schale das nüchterne Bullauge einer Waschmaschine. "Das Tolle ist, wie vielseitig diese Schüssel ist", schwärmt Seyrl: "Sie ist backofentauglich, ich kann alle meine Kuchen darin backen - und im Winter verwende ich sie für die Schwimmlichter. Das gibt herrliche Schatten und Reflexionen."

Wie die Waschmaschinenbullaugendesignschüssel hat alles im Kremser Kre:Art-Laden ein Vorleben. Alte Fahrradschläuche reinkarnierten als schicke Taschen, Computer-Leiterplatten als Uhren, stählerne Waschmaschinentrommeln als Stehtische, Buchstaben alter Tastaturen als Schlüsselanhänger. Alles in allem ein ziemlich kompletter Überblick über die Vielfalt der Upcycling-Szene in ganz Österreich. Seyrl verkauft all diese Trashdesign-Stücke in Kommission. Gefertigt wurden sie in sozialökonomischen Betrieben wie der Trash Design Manufaktur, Impuls von Caritas und Volkshilfe, Gabarage, heidenspass, Flugzeug oder Kontiki.

Alten Dingen neuen Sinn geben

Altes, Ausgedientes nicht einfach wegwerfen, sondern mit Achtsamkeit und Kreativität neuen Sinn geben. Und das zieht sich durch alle Projekte dieser Initiative. Denn das "Kre" steht in Kre:Art nicht nur für Krems, sondern vor allem auch für Kreativität - und "Art" nicht nur für Kunst, sondern auch für "die andere Art", erläutert die Initiatorin.

Wobei der Shop noch längst nicht alles ist - sondern eher das Eingangsportal: für die Galerie im hinteren, direkt an den Kremser Felsen angeschmiegten gotischen Gewölbe - wo Künstlerinnen und Künstler Workshops abhalten oder ihre Werke präsentieren, die sich durchwegs mit Nachhaltigkeit auseinandersetzen; sei es thematisch oder über die Wahl der Materialien.

Regelrechte Fantasiegeneratoren

Im Souterrain wiederum sind es die Kinder, die fast schon Weggeworfenes verzaubern: Im Atelier gibt es keine Bastelanleitungen und genormte Materialien, wahre Schätze lagern hier, die in ihrer Funktionsberaubtheit wie regelrechte Fantasiegeneratoren wirken. Alte Spulen, nicht mehr gebrauchte Holzplättchen, ausgebaute Tastaturen, überflüssige Bänder...

Hier schlägt ganz offensichtlich das eigentliche Herz der Kre-Art-Initiative. Denn auch Monika Seyrl hat ein Vorleben, wie ihre Designstücke: Als gelernte Kindergartenpädagogin bringt sie auch das Prinzip der Reggio-Pädagogik nach Österreich. Dies ist ein reformpädagogischer Ansatz, bei dem das Lernen vor allem über den Prozess des Wahrnehmens gefördert wird, und das wiederum in erster Linie über künstlerisches Tun.

Gutes Pflaster für nachhaltige Betriebe

So ergänzt und befruchtet in diesen Räumen eine Initiative die andere - und wirkt bereits nachhaltig nach außen. Nicht nur, dass im Raum Krems schon in einigen Betrieben gilt: "Also bevor ich das wegwerfe, ruf ich die Frau Seyrl an." Krems scheint auch ein gutes Pflaster für ökologisch und sozial nachhaltige Betriebe zu sein: So gibt es ums Eck von Kre:Art einen Weltladen und ein paar Schritte weiter unten eine Gea-Filiale. Und drüben, beim Steinertor, sind eine Sonnentorfiliale beheimatet oder auch nachhaltig motivierte Lokale wie das Moyome oder die Schokoladen-Manufaktur Styx.

Insgesamt zehn Betriebe sind es bereits, die sich zu der Initiative "Fair mit Flair in Krems" zusammengeschlossen haben. Und manche Kunden unternehmen schon regelrechte "Fair mit Flair"-Touren. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD, 23.10.2014)