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Luftangriff auf IS-Stellungen in der Stadt Kobane am Montag.

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Kurdische Peschmerga-Kämpfer Ende September in einem Militärcamp im Nordirak.

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Waffenhilfe aus der Luft und auch vom Boden: Die kurdischen Milizen, die in der Grenzstadt Kobane eingeschlossen sind, werden von den Kurden aus dem Nordirak unterstützt. Ankara lässt sie passieren.

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Ankara/Athen - Die politische Wende um 180 Grad kommt in einem Satz und eher beiläufig: Bei einer Pressekonferenz mit seinem tunesischen Kollegen wirft der türkische Außenminister Mevlüt Çavusoglu am Montag vier Wochen Widerstand gegen eine Beteiligung am Kampf um die syrische Grenzstadt Kobane über den Haufen. "Auch wir unterstützen die Peschmerga und helfen ihnen beim Zugang zu Kobane", antwortet Çavusoglu auf eine Frage, als ob es die natürlichste Sache der Welt wäre. Ankara lässt Kämpfer der kurdischen Peschmerga aus dem Nordirak über türkisches Gebiet zu den syrischen Kurden nach Kobane. Die Stadt wird seit September von der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) von drei Seiten beschossen.

"Wir wollten nie, dass Kobane fällt", behauptete der türkische Außenminister. Die Peschmerga sollen bereits seit Sonntagabend Zutritt zur belagerten Stadt haben, hieß es aus anderer Quelle aus dem Ministerium. Am vergangenen Wochenende waren auch die bisher schwersten Gefechte zwischen Kurden und Islamisten in Kobane unmittelbar an der türkischen Grenze zu beobachten.

"Sieben bis acht Gruppen" würden sich an den Kämpfen gegen die IS beteiligen, gab Çavusoglu an. Damit wollte der türkische Außenminister offensichtlich die Bedeutung der Milizen der syrischen Kurdenpartei PYD herunterspielen, die unterlegen in Zahl und Bewaffnung dem Ansturm der Islamisten trotzte.

Die konservativ-islamische Regierung in Ankara ebenso wie die beiden größten türkischen Oppositionsparteien - die Sozialdemokraten und die Rechtsnationalisten - wehrten sich bisher strikt gegen Rufe der USA und der anderen Nato-Partner nach Unterstützung für die syrischen Kurden. Ankara will keine zweite autonome Kurdenregion nach jener im benachbarten Nordirak. "Die PYD ist für uns derzeit gleich wie die PKK. Sie ist auch eine Terrororganisation", wiederholte der türkische Staatspräsident Tayyip Erdogan noch am Sonntag Journalisten gegenüber beim Rückflug von einem Besuch in der afghanischen Hauptstadt Kabul; die kurdische Arbeiterpartei PKK, mit der die Türkei Verhandlungen über ein Ende des bewaffneten Kampfes führt, ist offiziell noch verboten. Regierungschef Ahmet Davutoglu widersprach dem Präsidenten zur selben Zeit in einer Rede in Istanbul, was auf die Konfusion der türkischen Führung in der Syrienpolitik hinwies.

Jüngste Ereignisse, so sagte Davutoglu, hätten bewiesen, dass es nicht möglich sei, die türkischen Grenzstädte von den syrischen zu trennen, "Tel Abyad von Akçakale, Suruç von Kobane, Nusaybin von Qamishli". Als Anfang des Monats wegen der Passivität der türkischen Regierung angesichts Kobane schwere Straßenkrawalle in mehreren Städten des Landes ausbrachen, attackierte Erdogan die Protestierenden. "Was hat Kobane mit Istanbul zu tun, mit Ankara oder Diyarbakir?", rief Erdogan in einer Rede vor Türken. Die Antwort lag auf der Hand: In allen diesen Städten leben Kurden.

USA werfen Waffen ab

Nur Stunden vor dem von Außenminister Çavusoglu bekanntgemachten Kurswechsel hatte die US-Armee mit einer Meldung aufhorchen lassen: Am vergangenen Wochenende hätten US-Transportflugzeuge erstmals Waffen, Munition und medizinische Hilfsgüter, die von den Kurden im Nordirak geliefert worden seien, über Kobane abgeworfen, gab das für den Nahen Osten zuständige Regionalkommando in Tampa, Florida, an. (Markus Bernath, DER STANDARD, 21.10.2014)