Wien - Johannes Grenzfurthner mag Breitbandinternet, Schallplatten mit naturwissenschaftlichen Vorträgen und H. P. Lovecraft. Weniger Liebe empfindet er für Vierteltelefone, Walgesänge und Comics über den allzu menschlichen und damit langweiligen Rennfahrer Michel Vaillant. Dies lernt man zumindest in seiner "Lecture-Soiree" Schicksalsjahre eines Nerds, die vergangenen Donnerstag erstmals im Wiener Rabenhof zu sehen war. Grenzfurthner, Gründer des Theorie- und Bastelkollektivs Monochrom und Hansdampf in allen Nebengassen, nutzt diese, um, wie es scheint, einfach frei von jeder thematischen Zwangsjacke fröhlich drauflos zu plaudern.

Zwar bietet er dem Publikum die Möglichkeit, seinen Vortrag mittels Twitter zu kommentieren und durch zu behandelnde Stichworte auch zu lenken. Tatsächlich bleibt er aber auf den selbstgesteckten Pfaden. Diese verlaufen entlang seiner in der Leere des Wiener Speckgürtels verbrachten Jugend, die doch Ausgangspunkt für weit mehr wäre, als sich in 75 Minuten packen lässt.

Man hört von den esoterisch angehauchten Eltern, wie erste alchimistische Versuche des Juniors zum Tod eines Hendls führten und wie Pornographie die Entwicklung elektronischer Medien beeinflusst. Besonders letztgenanntem Thema gibt Grenzfurthner, der nicht nur durch adoleszente Erlebnisse, sondern etwa auch als Leiter der seit 2007 jährlich abgehaltenen Konferenz Arse Elektronika über ausreichend theoretische und praktische Erfahrung verfügt, viel Raum. Dieser Exkurs ist vergnüglich, die Zeit fehlt jedoch später, wenn es auf der Zielgeraden darum geht, wie die Nerds der 1980er-Jahre, die heute durch ihre Entwicklungen an wichtigen Steuerpulten unserer Gesellschaft sitzt (Google et al), ihre neugewonnene Macht nur bedingt zur Weltverbesserung nutzt.

So bleibt es bei einem kurzweiligen Ausflug in eine von Datentransferraten und Superzombies mitgeprägte Jugend, wobei weniger der Schenkelklopfer als der wissende Schmunzler regiert. Zielgruppenzugehörigkeit vorausgesetzt. (Dorian Waller, DER STANDARD, 20.10.2014)