Magere 137 Minuten kam Philipp Hosiner bisher in Frankreich zum Einsatz. Am Samstag ist im Auswärtsspiel gegen Metz Zuwachs absehbar.

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Wien/Rennes - Aller Anfang ist diffizil. Davon kann Philipp Hosiner ein Lied trällern, wenn auch kein französisches. Als der Burgenländer im Sommer von der Wiener Austria zu Stade Rennes wechselte, war er der Sprache nicht mächtig und verstand bei Besprechungen vorwiegend Bahnhof. So lief das Spiel zunächst an ihm vorbei, der Stürmer fand sich zu Saisonbeginn auf der Ersatzbank wieder und kam nur sporadisch zu Einsätzen. "Ich habe die Sprachbarriere unterschätzt, mittlerweile beherrsche ich aber den Fachjargon", sagt Hosiner.

Allmählich fruchtet der Unterricht, die Kommunikation mit den Teamkollegen wird lebhafter. Auch die spielerischen Stärken des 25-Jährigen werden von der Mannschaft zunehmend forciert: "Mit hohen Bällen kann ich wenig ausrichten, ich brauche die Bälle in die Tiefe, davon habe ich am Anfang nicht viele bekommen. Mein Selbstvertrauen war am Boden."

Hosiner lebt mit seiner Freundin außerhalb von Rennes, die Lebensart in der Bretagne sage ihm durchaus zu, sei aber nebensächlich: "Ich bin ja nicht auf Urlaub." Er wolle sich in der Ligue 1 verbessern, den nächsten Schritt machen. Drei Jahre hat er dafür Zeit, so lange läuft sein Vertrag bei den Bretonen.

Ein kleiner Meilenstein könnte bereits das Spiel gegen den RC Lens gewesen sein. In der neunten Runde stand der Österreicher erstmals in der Startformation, Rennes gewann das Heimspiel mit 2:0. Hosiner wurde bei seiner Auswechslung von den knapp 19.000 Zusehern im Stade de la Route de Lorient mit Applaus bedacht, Trainer Philippe Montanier sei mit der Darbietung seines Spielers zufrieden gewesen: "Ich sollte die Bälle sichern, das habe ich getan, jetzt muss ich auch noch Tore schießen. Dafür wurde ich ja geholt."

Die Gelegenheit könnte sich demnächst vermehrt ergeben: Sturmkollege Ola Toivonen hat sich beim schwedischen Team eine Muskelblessur zugezogen, fällt mehrere Wochen aus. Toivonen galt bisher als des Trainers erste Wahl, Hosiner zollt Respekt: "Er ist ballsicher, trotz seiner Größe technisch stark." Die Verletzung eines Mitspielers würde zwar keine Freude bereiten, trotzdem gelte es, die Chance zu nutzen: "Es ist aber auch jetzt nicht selbstverständlich, dass ich spiele." Ein Einsatz hänge auch von der taktischen Ausrichtung ab.

Wechsel ohne Reue

Die kommenden Gegner heißen jedenfalls Metz, Lille und Marseille. Allesamt stehen sie in der Meisterschaft vor Rennes, das auf dem zwölften Rang nur drei Punkte von einem Abstiegsplatz entfernt ist: "Die Liga ist stark, die Spieler schnell, man muss es am eigenen Leib spüren." Den Wechsel nach Frankreich hat Hosiner zu keinem Zeitpunkt bereut. Vor allem die Fans seien eine Wohltat: "Die eigene Mannschaft wird unterstützt, der Gegner respektiert. Das ist in Österreich unvorstellbar."

Als Hosiner den Ball noch in der Bundesliga trat, ging alles eine Spur einfacher. Er traf bei der Austria am Fließband, wurde Torschützenkönig 2013 und in der Champions League ins Team der Runde gewählt. Auch ÖFB-Teamchef Marcel Koller setzte auf seine Fähigkeiten, zwei Tore schoss er gegen die Färöer. Zuletzt stand Hosiner im Nationalteam nur auf Abruf, das überrascht ihn nicht: "Solange ich bei Rennes nicht treffe, werde ich nicht einberufen. Noch habe ich nicht viel für die Nationalmannschaft geleistet. Wie könnte ich in meiner Situation Ansprüche stellen?"

Erfolgreiche Österreicher im französischen Oberhaus sind ein rares Gut. Der Wiener Ernst Stojaspal wurde einst zweitbester Schütze der Liga. Das war 1955. Mario Haas blieb in Straßburg der Durchbruch, Roland Linz in Nizza sogar ein Torerfolg verwehrt. Hosiner fühlt sich bereit, die dünne Erfolgshistorie aufzufetten. Am Donnerstag trat er in Rennes zur Pressekonferenz an, blickte auf das Spiel am Samstag in Metz voraus: "Ich bin fitter denn je. Das Selbstvertrauen ist zurück." (Philip Bauer, DER STANDARD, 18.10.2014)