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Nach der Ablöse von OMV-Chef Gerhard Roiss bleibt in der Verstaatlichtenholding ÖIAG kein Stein auf dem anderen.

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Wien - Wäre es dem Rechnungshof erlaubt, die zu knapp einem Drittel in Staatsbesitz stehende OMV unter die Lupe nehmen, die staatlichen Buchprüfer stünden zweifellos vor einer spannenden Untersuchung. Insbesondere die Abfindungen für die in die Wüste geschickten Manager des Öl- und Gaskonzerns, General Gerhard Roiss und Gas-Vorstand Hans-Peter Floren, sind geeignet, Haftungsfragen aufzuwerfen; die Umstände, die zu den umstrittenen Abgängen geführt haben, sowieso.

Der Grund: Roiss' Vertrag wurde erst im Vorjahr für drei Jahre verlängert und seither verstummen die Gerüchte nicht, wonach bereits damals mit ÖIAG-Chef und OMV-Aufsichtsratspräsident Rudolf Kemler vereinbart worden sei, dass Roiss den Chefsessel bereits 2015, also nach einem Jahr, freimachen werde. Es sollte anders kommen. Der OMV-Chef wehrte sich und reißt den Gas-Vorstand mit. Und, so wie es aussieht, auch seinen Präsidenten.

Haarige Haftungsfragen

Für solch einen Pakt, der gemeinhin als "typisch österreichische Lösung" gilt, werfen Gesellschaftsrechtler die Frage der Organhaftung, möglicherweise sogar der Untreue auf. Durch Abfindungen würde die OMV geschädigt, während ihre Organe wissentlich Befugnisse missbrauchten. Regressansprüche wären die Folge.

Zuletzt hat der Rechnungshof solchen Verdacht gegen bestehende und frühere Organe der Verbund AG geäußert wegen Misserfolgen im Auslandsgeschäft (Frankreich, Italien). Der Konzern verwies auf in- und externe Prüfungen, die keinen Anhaltspunkt für Pflichtverletzung ergeben hätten.

Drastischer fiel die RH-Empfehlung nur bei den ÖBB-Spekulationsverlusten aus oder beim Flughafen-Zubau Skylink. Bei der ÖBB zahlte der Aufsichtsrat die Managerverträge aus und parierte die Vorwürfe, in dem die verlustreichen Zinswetten (612,9 Mio. Euro) von einem Gutachter als "nicht gewollte" Geschäfte qualifiziert wurden. Beim Skylink waren Vorstandsverträge verlängert worden, obwohl sich massive Kostenüberschreitungen längst angebahnt hatten. Der Rechnungshof hatte strafrechtliche Bedenken, weil die Flughafen-Chefs Golden Handshakes bekamen.

In der Doppelmühle

Wie ein halbwegs gesichtswahrender Rückzug aus der völlig verworrenen Geschichte rund um den ÖIAG-OMV-Komplex nun aussehen kann, ist selbst Insidern schleierhaft. ÖIAG-Chef Rudolf Kemler hat es besonders schwer, denn er hat sich in eine Doppelmühle manövriert, respektive er wurde in eine solche geführt, wie selbst Kapitalvertreter im sich selbst erneuernden, ent(partei)politisierten ÖIAG-Aufsichtsrat meinen. "Politisch abgestimmt wurden Entscheidungen in der ÖIAG und deren Beteiligungen selbstverständlich zu jeder Zeit", sagt ein ÖIAG-Rat. Die Politiker, allen voran der Finanzminister, "mögen daher nicht so tun, als wären sie es jetzt nicht gewesen".

Den Tagesordnungspunkt, den vorzeitig abzulösenden und somit "lahmen" OMV-General interimistisch durch seinen Stellvertreter, Finanzchef David Davies zu ersetzen, bis ein neuer Vorstandschef gefunden wurde, konnte Kemler in der OMV-Aufsichtsratssitzung am Dienstag gar nicht mehr einbringen. Sonst wäre gar keine Vertragsauflösung mehr zustande gekommen, resümiert ein Sitzungsteilnehmer, der nicht genannt werden will.

ÖIAG-Aufsichtsrat an der Reihe

Womit nach dem Debakel um den für die Republik Österreich ungünstigen Syndikatsvertrag mit Telekom-Mehrheitseigentümer America Movil ein weiterer Grund für die augenscheinlich angestrebte Verkürzung des Vertrags mit ÖIAG-Chef Kemler vorliegt. Den Beschluss fällt der ÖIAG-Aufsichtsrat unter Vorsitz von Siegfried Wolf in einer Woche, die politischen Signale ("unprofessionell" nannte die Vorgangsweise Finanzminister Hans Jörg Schelling) sind eindeutig. Ob sich in dieser Konstellation noch eine Nachfolgerin für Ex-Siemens-Österreich-Chefin Brigitte Ederer im ÖIAG-Aufsichtsrat findet, ist offen. Laut ÖIAG-Gesetz hat das selbsterneuernde Gremium unverzüglich für Nachbesetzung zu sorgen. Zu gewinnen gibt es dort, abgesehen von der "schlechten Nachred" , freilich nicht viel. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, 17.10.2014)