"Ich werde meine Unschuld beweisen", sagt Peter Westenthaler. Der Politik hat er für immer Adieu gesagt.



Foto: Heribert Corn

Wien - Ginge es nach Andreas Khol, dann könnte Peter Westenthaler heute, Freitag, beruhigt im Landesgericht für Strafsachen Wien vor Richter Wolfgang Etl erscheinen. "Dass er jemandem impulsiv eine auflegt, das trau ich ihm zu", sagt der ehemalige ÖVP-Klubchef im STANDARD-Gespräch über jenen Mann, mit dem er von 2000 bis 2002 Schwarz-Blau im Parlament durch stürmische Zeiten gelotst hat: "Aber einen Betrug trau ich ihm nicht zu", betont auch er die Unschuldsvermutung.

Es war ein "Aufleger" eines anderen, der dem Mann, der mit 21 in Jörg Haiders "Buberlpartie" aufrückte, 2009 eine Vorstrafe wegen falscher Zeugenaussage bescherte. Ein Leibwächter hatte sich in der Wahlnacht mit dem Pressesprecher der kurz vor der Wahl aus dem BZÖ ausgetretenen Justizministerin Karin Gastinger angelegt. Die Strafe ist seit 2012 getilgt, Westenthaler unbescholten.

Einer machte ein Wochenendgutachten

Nun wird ihm schwerer Betrug sowie "das Verbrechen der Untreue als Beteiligter" vorgeworfen. Als BZÖ-Chef soll Westenthaler - mitangeklagt ist Ex-Casinos-Austria-Chef Leo Wallner - 2006 die Österreichischen Lotterien um 300.000 Euro geschädigt haben - durch eine Scheinrechnung der BZÖ-eigenen Werbeagentur Orange über ein neunseitiges "Gutachten" zum Spielerschutz. Es soll von einem engen Mitarbeiter an einem Wochenende zusammengegoogelt worden und laut Gericht höchstens 15.000 Euro wert sein. Die Staatsanwaltschaft geht von Schmiergeld aus.

Als Manager der Fußball-Bundesliga - damals war Frank Stronach, in dessen Magna-Konzern der Austria-Wien-Fan Westenthaler 2004 nach dem Ende seiner ersten Politkarriere Unterschlupf fand, Bundesliga-Präsident - soll er 2004 mit Co-Vorstand Thomas Kornhoff eine mit Steuergeldern finanzierte Sonderförderung von einer Million Euro für den Fußballnachwuchs widmungswidrig zur Tilgung von Altschulden der Bundesliga verwendet haben.

Die FPÖ machte die ÖVP zur Kanzlerpartei

Das waren dann schon die beruflichen Niederungen nach dem politischen Höhenflug, den die FPÖ als Wolfgang Schüssels Kanzlermacherpartei drei Jahre erleben durfte. Da habe der junge Blaue als Klubchef "einen ausgezeichneten Job gemacht", erinnert sich Khol.

Sein Großvater, Sekretär des Wiener Bürgermeisters Franz Jonas, habe ihn enterbt, als er sich Haider anschloss, erzählt Westenthaler, das Favoritner Arbeiterkind aus "tiefsozialistischer" Familie. Den Satz "Die Nazis waren furchtbar" sprach er denn auch ohne Zögern immer glaubhaft aus.

Khol beschreibt sein ehemaliges Pendant als "hochintelligent, immer sehr gut vorbereitet, unglaublich schnelle Auffassungsgabe, ein sehr guter Redner" - und "ungestüm", wenig zimperlich, aber, zitiert Khol Friedrich Schillers Wallenstein: "Schnell fertig ist die Jugend mit dem Wort."

Schnell fertig war auch Blau-Schwarz, das nach drei Jahren implodierte, weil die FPÖ 2002 in Knittelfeld explodierte.

Drei machten den Abgang

"Wir nehmen den Hut, wir sagen Adieu", sprach Westenthaler am 8. September 2002 beim Rücktritt im Tripelpack mit Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer und Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Sie kam als Generaldirektorin der Wüstenrot-Gruppe gut unter. Grasser durfte noch zwei Jahre im Finanzressort werkeln und landete schließlich quasi im Yachthafen der Ehe. Nur Westenthaler musste sich etwas anderes suchen - und fand Stronach bzw. wurde gefunden und lief von da an beruflich auf dem Feld der österreichischen Fußballpolitik auf.

2006 zog es Westenthaler noch einmal in die Politik - wieder folgte er seinem "Freund und Chef" Haider, den er nach dem Knittelfelder Putsch noch wissen ließ: "Er selber sollte erkennen, dass seine Zeit vorbei ist." Das Bündnis Zukunft Österreich sollte die Zukunft weisen. Sie führte Westenthaler wieder in den Nationalrat - und an die Spitze des BZÖ, die er 2008 aber für Haider räumte.

Er macht jetzt etwas anderes

"Er wäre ein sehr guter Politiker, wenn er es geblieben wäre", glaubt Khol. Er würde es aber nicht mehr sein wollen, sagt Westenthaler zum STANDARD, das zweite Adieu war "für immer, kein Zurück mehr". Seit 2013 ist er mit seiner Firma Wescon im Bereich Consulting und Immobilienentwicklung tätig. Auch wenn nicht Khol über ihn richten wird, geht er beruhigt vor Gericht: "Ich werde meine Unschuld beweisen." (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, 17.10.2014)