Wien - Wo sie ist, ist oben. Mit beinahe beängstigender Tüchtigkeit und Konsequenz arbeitet Elina Garanca seit Jahren parallel an ihrer internationalen Karriere wie auch am privaten Glück und schenkte der Welt nebst zahllosen makellosen Opernauftritten und zwei Kindern auch ein Buch über ihr Leben sowie einige Themen-CDs. Nach Habanera und Romantique ist nun die Musikkompilation Meditation erschienen. Einen Auszug daraus trug die sympathische Lettin im Konzerthaus vor.

Wobei ihr Mann aber fast mehr im Mittelpunkt stand als sie selbst: Garanca sang im offiziellen Konzertteil lediglich sechs Arien, zeitliche drei Viertel des Programms bestritt Karel Mark Chichon als Dirigent des Wiener Kammerorchesters. Dieses war hierbei zum wahrscheinlich größten Kammerorchester der Welt angeschwollen: Allein die ersten Geigen waren vierzehnfach (!) besetzt. Der gebürtige Brite, Chefdirigent der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern und auch an einigen großen Opernhäusern der Welt aktiv, demonstrierte in Werken wie Amilcare Ponchiellis Danze delle Ore aus der Oper La Gioconda seine Spannweite als Orchesterleiter zwischen glitzerzartem Klimbim und packender Wucht; eine saftige Stretta hat Chichon auch drauf.

So feurig und energisch ihr Gatte wirkte, präsentierte sich Garanca erwartungsgemäß als eine Künstlerin der wohltemperierten Ausgeglichenheit. Auf der Opernbühne will die Mezzosopranistin in den nächsten Jahren über die Santuzza-Eboli-Route den Drama-Olymp Amneris anvisieren, im Konzert beeindruckte sie mit bronzenem Timbre und gleichmäßiger Stimmfärbung über alle Register wie auch mit dramatischer Kraft und Intensität in den Kantilenen - so etwa bei Gounods Repentir und Donizettis Que faire ... Sol adoré de la patrie.

Eine Zumutung selbst für Schnulzenfreunde: Vladimir Vavilovs Quintfallkettenorgie Ave Maria. Dass Garanca mehr kühle Hitchcock-Blonde als extravertiertes Bühnentier ist, demonstrierte die 38-Jährige mit Carmens Les tringles des sistres tintaient, in der sie sich nur mühevoll zu homöopathischer Sinnlichkeit zu überwinden vermochte. Nach zwei spanischen Zugaben beschloss ein wundervoll schlichtes O mio babbino caro einen begeistert gefeierten Konzertabend. (Stefan Ender, DER STANDARD, 17.10.2014)