Ein Kommissionspräsident hat viel Macht, er hat es aber auch nicht leicht bei der Bildung seiner "Regierung". Zuerst kann er sich die Kandidaten nicht selber aussuchen. Er muss nehmen, was die Regierungen der Mitgliedstaaten ihm anbieten. Da spielen Parteifarbe, nationale Intrigen und Interessen eine große Rolle. Hat er ein Team geformt, kommen die EU-Abgeordneten mit den Anhörungen. Auch dabei zählen neben der Qualifikation der Kandidaten ebenso Parteitaktik und Profilierungsdrang.

So kam es, dass die liberale Slowenin Alenka Bratusek nach schwachem Auftritt abgeschossen wurde; ein Bauernopfer, damit rote und schwarze Wackelkandidaten durchgewunken werden konnten. Das war nicht gerecht. Sie hätte eine zweite Chance verdient wie fünf andere auch. Jean-Claude Juncker machte einen Fehler, als er darauf nicht bestand, was in seiner Macht gewesen wäre. Die Abgeordneten beschädigten sich mit dem schmutzigen Deal selber.

Dem folgt nun der zweite Fehler: "Ersatzfrau" Violeta Bulc soll Verkehrskommissarin werden. Damit hatte die ausgewiesene Informatikexpertin im Leben nie zu tun. Aber EVP und SP wollten es so, damit ein Sozialdemokrat Vizepräsident wird - fachlich nun auch er ein Neuling. Sachgerecht wäre gewesen, Bulc den Digitalbereich zuzuweisen, Günther Oettinger als Energieverantwortlichen zu erhalten. Das gegen die Parteitaktiker durchzusetzen hätte Juncker noch stärker gemacht. So aber ist auch er etwas angepatzt. (Thomas Mayer, DER STANDARD, 16.10.2014)