Android 5.0 trägt den Codenamen "Lollipop".

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Nexus 9, Nexus 6 und im Hintergrund der ebenfalls vorgestellte "Nexus Player" mit Android TV.

Das Nexus 6.

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Auch das Nexus 9 wird es in mehreren Farbvarianten geben.

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Das von HTC hergestellte Nexus 9 ist auch für den Business-Einsatz gedacht, wie man mit einer separat erhältlichen Tastaturhülle demonstrieren will.

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All die Spekulationen im Vorfeld sind nun Makulatur: Am Mittwoch hat Google Android 5.0 "Lollipop", das Smartphone Nexus 6 sowie das Tablet Nexus 9 offiziell vorgestellt.

Es ist ein Lollipop

Ein Jahr hat sich Google für die Entwicklung von Android 5.0 Zeit gelassen und damit für die eigenen Verhältnisse vergleichsweise lange. Herausgekommen ist das, was Google "unsere bislang größte und umfangreichste Release" nennt. Konvergenz war dabei offenbar ein zentrales Thema: Mit Lollipop soll es einfacher denn je sein, eine Aktion auf einem Gerät zu beginnen und nahtlos an anderer Stelle fortzusetzen. Sei es das Betrachten von Fotos, das Abspielen von Musik oder eine Google-Suche. Zu diesem Ansatz passt das Material Design, mit dem Android eine vollständige optische Neugestaltung verpasst wird. Und zwar eben nicht nur auf Smartphones und Tablets: Der neue Look soll künftig auch bei Googles Webanwendungen, unter Chrome OS sowie bei Android TV und Android Auto zum Einsatz kommen.

Smart Lock

Android 5.0 erlaubt das Festlegen von "vertrauenswürdigen Geräten", in deren Nähe der Lock-Screen automatisch deaktiviert wird. Smart Lock nennt sich das Ganze und soll etwa im Zusammenspiel mit einer Smartwatch funktionieren. Die Schnelleinstellungen wurden für die neue Version überarbeitet und bieten nun einige neue Funktionen, darunter eine integrierte Taschenlampe und die Möglichkeit, einen Hotspot zu aktivieren. Für die automatische Helligkeitsanpassung kann jetzt ein Basiswert festgelegt werden.

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Für Tablets bietet Google schon länger Multi-User-Unterstützung unter Android, mit "Lollipop" steht diese Möglichkeit jetzt auch Smartphone-Nutzern zur Verfügung. Passend dazu hat man auch gleich einen Gastmodus implementiert. Darüber hinaus kann eine App "gepinnt" werden, sodass ein Dritter diese kurzfristig verwenden kann – und zwar wirklich nur diese. Beim Wechsel auf eine andere App oder den Home Screen wird der Bildschirm gesperrt.

Android

Viele der zentralen Neuerungen wurden schon vor einigen Monaten im Rahmen der Google I/O öffentlich gemacht und jetzt nur noch einmal bestätigt. Dazu zählt ein neues Benachrichtigungssystem, bei dem wichtige Nachrichten schon direkt am Lockscreen angezeigt werden. Zudem gibt es künftig einen "Bitte nicht stören"-Modus, bei dem vorübergehend wahlweise nur die Nachrichten ausgewählter Kontakte oder gleich gar keine Notifications angezeigt werden. Bei Geräten mit der nötigen Hardware kann der Bildschirm nun mit einem Doppeltippen aufgeweckt werden – ähnlich wie es schon bei diversen Drittherstellern der Fall ist. Und mit der Version 5.0 bietet nun auch das offizielle Android von Google einen Battery-Saver-Modus, der die Systemleistung reduziert, wenn der Akku knapp wird.

ART

So manche wichtige Verbesserung von Android 5.0 findet sich allerdings im weniger sichtbaren Bereich: So ist nun ART statt Dalvik für die Ausführung aller Programme zuständig. Dieser Wechsel verspricht eine signifikante Performance-Steigerung sowie einen reduzierten Akkuverbrauch des gesamten Systems. Apropos Akkulaufzeit: Mit dem "Project Volta" hat Google dieser für Android 5.0 ein besonderes Augenmerk zukommen lassen. Dazu gehört nicht nur die Optimierung der eigenen Software, sondern auch das Anbieten von hilfreichen Tools für Dritthersteller, um diesbezüglichen Defiziten in den eigenen Apps nachzuspüren.

Viel Neues für Entwickler

Mit Android 5.0 – und dem Wechsel auf ART – geht aber noch ein anderer Wechsel vor sich: Erstmals werden 64-Bit-Prozessoren unterstützt. Bestehende Apps müssen hierfür nicht angepasst werden, so sie denn – wie die Mehrzahl – in Java verfasst sind. Zu all dem kommen noch mehr als 5.000 neue Programmierschnittstellen, mit denen Entwicklern die Arbeit erleichtert werden soll. Darunter auch ein neues Kamera-API, das nun etwa 30 Fotos pro Sekunde in voller Auflösung ermöglicht. Auch Formate wie YUV und Bayer RAW unterstützt das neue API. Wie bereits vorab angekündigt, werden ab Android 5.0 alle Geräte automatisch verschlüsselt, um die Datensicherheit der Nutzer zu verbessern.

Nexus 6

Doch was wäre eine neue Android-Version ohne neue Nexus-Geräte? Gleich zwei davon hat Google dieses Mal im Gepäck. Den Anfang macht das Nexus 6, das sogar noch einen Tick größer geworden ist, als es die Gerüchteküche zuletzt wissen wollte: Mit einem 5,96-Zoll AMOLED-Bildschirm ausgestattet, fällt es in jene Kategorie der besonders großen Smartphones, die auch schon mal als Phablets bezeichnet werden. Das Display bietet eine Quad-HD-Auflösung von 1.440 mal 2.560 Bildpunkten, woraus sich eine äußerst hohe Pixeldichte von 493 ppi ergibt. Als Prozessor kommt ein Qualcomm Snapdragon 805 zum Einsatz und damit ein Quadcore-Chip, der mit maximal 2,7 GHz getaktet ist. Für Grafikaufgaben steht diesem eine Adreno-420-GPU zur Seite, der Hauptspeicher liegt bei 3 GB.

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Zu den weiteren Eckdaten gehören eine 13-Megapixel-Kamera (mit Sony IMX214-Sensor) samt optischer Bildstabilisierung, f2.0-Blende und Dual-LED-Ring-Flash an der Rückseite, sowie Stereo-Lautsprecher an der Front. Dort ist auch eine zweite Kamera mit 2,1 Megapixel verbaut. Um die Stabilität zu verbessern, ist das Gerät von einem Aluminiumrahmen umgeben. Zum ersten Mal setzt Google beim Nexus 6 auf eine Nano-SIM-Karte. Die Abmessungen betragen 82,98 x 159,26 x 3,8 bis 10,06 Millimeter (die Rückseite ist zum Rand hin gebogen), das Gewicht 184 Gramm.

Herkunft

Von Motorola gefertigt, erinnert das Nexus 6 nicht nur rein äußerlich stark an das aktuelle Moto X. Auch den Turbolademodus des vor einigen Wochen vorgestellten Smarpthones übernimmt man. Mit diesem soll das Gerät nach nur 15 Minuten am Ladegerät sechs weitere Stunden durchhalten. Von drahtlosem Aufladen - wie bei den aktuellen Nexus-Geräten - ist allerdings derzeit auf der Google-Seite nicht die Rede. Bei Motorola wird dieses hingegen sehr wohl angeführt, insofern gilt es abzuwarten, wer hier recht hat. Der Akku ist mit 3.220 mAh angegeben, beim lokalen Speicherplatz sind Varianten mit 32 und 64 GB geplant. NFC, WLAN nach 802.11ac und Bluetooth 4.1 dürfen im Spezifikations-Bingo ebenfalls abgehakt werden. Laut Motorola soll das Nexus 6 zudem vor Wasser geschützt sein, welche Zertifizierung hier verwendet wurde, nennt der Hersteller aber nicht. Wie schon beim Nexus 5 wird es wieder zwei Ausführungen mit unterschiedlicher LTE-Unterstützung geben, eine für die USA, eine für den Rest der Welt. Wobei allerdings diesmal beide das vornehmlich in Österreich genutzte Band 7 unterstützen werden.

Nexus 9

Ebenfalls keine ganz große Überraschung mehr: Für das Nexus 9 hat Google HTC als Partner auserkoren. Das 8,9-Zoll-Tablet positioniert das Unternehmen sowohl für den Freizeit- als auch den Geschäftseinsatz. Entsprechend soll es eine Tastaturhülle geben, die magnetisch am Nexus 9 angebracht wird, und in zwei unterschiedlichen Positionen eine Stabilität ähnlich eines Laptops bieten soll. So zumindest das Versprechen des Herstellers. Der Rahmen des Geräts ist aus gebürstetem Metall gehalten.

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Die Auflösung des IPS-LCD wird mit 2.048 mal 1.536 Pixel angeben, das Display ist durch Gorilla Glass 3 geschützt. Auffällig ist das Bildschirmverhältnis von 4:3, die meisten Tablets setzen auf 16:9 oder 16:10, weil diese besser für den Medienkonsum geeignet sind. Auch hier zeigt sich wohl die Optimierung auf den Arbeitseinsatz. Das Nexus 9 macht sich gleich den neuen 64-Bit-Support von Android 5.0 zunutze, und bringt die entsprechende Variante (Denver) des Nvidia Tegra K1 (2,3 GHz) zum Einsatz. Für Grafikaufgaben wird Nvidias eigenes Kepler-Design mit 192 Kernen genutzt, der Hauptspeicher beträgt 2 GB.

Vermischtes

Auch beim Tablet gibt es Stereo-Lautsprecher an der Vorderseite, das Kamerapaar ist mit 8 bzw. 1,6 Megapixel angegeben. In Fragen lokaler Speicherplatz soll es Varianten mit 16 und 32 GB geben, der Akku umfasst 6.700 mAh. Das Gewicht ist mit 425 Gramm beziehungsweise 436 Gramm (mit LTE) angeführt, die Abmessungen liegen bei 153,68 x 228,25 x 7,5 Millimeter. WLAN 802.11ac und NFC sowie Bluetooth dürfen natürlich auch hier nicht fehlen.

Interessante Randbemerkungen

Interessanterweise widmet Google in der offiziellen Presseaussendung auch der Positionierung der Marke Nexus einen eigenen Absatz: Darin betont man, dass die eigene Hardwarelinie vor allem als Referenz für das weitere Ökosystem sowie als Vehikel zur Entwicklung neuer Android-Versionen gedacht ist. Gerade angesichts all der Spekulationen über ein mögliches Aus für die Nexus-Linie, die in den letzten Monaten die Runde machten, eine durchaus interessante - weil ungewohnte - Randbemerkung. Ebenfalls sehr spannend: Das Nexus 5 wird noch immer auf der offiziellen Webpage von Google gelistet, die zugehörige Seite wurde auch mit Android 5.0-Grafiken aktualisiert. Insofern ist davon auszugehen, dass Google angesichts der Größe des Nexus 6 auch den Vorgänger weiter verkaufen wird.

Vielfalt

Generell gibt sich Google betont divers: Das offizielle Motto der aktuellen Neuvorstellungen - und einer kommenden Werbekampagne - lautet "Android: Be together. Not the same". Gerade die große Vielfalt der Android-Welt sei also deren zentrale Stärke. Alleine hätte man Android nie so schnell und in solch viele spannende und unterschiedliche Richtungen entwickeln können wie mit Hilfe der Community, streut Google dieser Rosen.

Es folgt: Weiteres Warten

Die schlechten Nachrichten kommen für Android- und Nexus-Fans zum Schluss: Auf all dies heißt es nämlich noch weiter zu warten. So soll Android 5.0 "in den kommenden Wochen" als Update an bestehende Geräte ausgeliefert werden. Dafür gibt es zumindest freudige Nachrichten in Fragen Support: So sollen neben dem Nexus 5 auch noch Nexus 4, 7 und 10 das "Lollipop"-Update erhalten. Damit übersteigt Google den versprochenen Support-Zeitraum von 18 Monaten bei einigen dieser Geräte deutlich. So soll etwa laut einer späteren Ergänzung von Google sogar das 2012er-Modell des Nexus 7 noch ein Update bekommen - und damit zweieinhalb Jahre nach dessen Vorstellung. Als Überbrückung bis zur Veröffentlichung der fertigen Version soll am 17. Oktober eine aktualisierte Preview-Version veröffentlicht werden. Dies parallel zur Freigabe des Software Development Kits (SDK).

Die Preisfrage

Zum Schluss noch die Frage der Verfügbarkeit. Und hier heißt es: Nexus-Fans müssen sich auf deutlich höherer Preise im Vergleich zu bisherigen Geräten einstellen. So soll das Nexus 6 je nach Version (32/64 GB) um 649/699 US-Dollar verkauft werden. Vorbestellungen für das neue Smartphone sollen ab dem 29. Oktober angenommen werden, die Auslieferung Anfang November beginnen. Informationen zur lokalen Verfügbarkeit gibt es bislang ebenso wenig wie europäische Preise. Etwas billiger soll es das Nexus 9 geben, das laut HTC in diversen Variante (16/32 GB Speicherplatz, mit und ohne LTE) zwischen 399 und 569 Euro (Listenpreis) erhältlich sein wird. In Österreich soll der Verkauf über den Fachhandel Mitte November beginnen. (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 15.10.2014)