Wien - Österreich erhält eine eigene Vogelwarte: Dort wird man etwa Zugvögel beringen, um ihre Wanderungen nachzuvollziehen, vor allem aber zentrale Ansprechstelle für alle Wissenschafter, Amateure und Behörden sein, die sich mit Vögeln beschäftigen, so deren Leiter Leonida Fusani, der aus Italien stammende neue Professor an der Veterinärmedizinischen Universität Wien und der Uni Wien.

Bis jetzt würde "aus historischen Gründen" die deutsche Vogelwarte in Radolfzell am Bodense die Wanderungen der Vögel in Österreich beobachten, so Fusani. "In letzter Zeit gab es für Österreich aber mehr und mehr Gründe, ein eigenes Observatorium zu haben", erklärte er. Die EU würde etwa jedes Mitgliedsland auffordern, jährlich über die Vogelzüge und -bewegungen zu berichten.

Arbeitsaufnahme Anfang 2016

"Es ist nicht so, dass die Ornithologen in Österreich bisher untätig waren, aber nun kann man ihre Arbeit kanalisieren", so Fusani. Er sieht die Österreichische Vogelwarte als Schirmorganisation, unter der sich die Vogel-Forschung in Österreich weiterentwickeln kann. Finanziert werde die Einrichtung vom Wissenschaftsministerium, das dafür Gelder für Fusanis gemeinsame Professur an der Universität Wien und der Veterinärmedizinischen Universität Wien bereitgestellt hat.

Mit der vogelkundlichen Arbeit wolle man an der Warte Anfang 2016 beginnen. Die Zeit bis dahin benötige man, um die notwendigen Strukturen wie etwa Datenbanken und Server aufzubauen, erklärte der Ornithologe. Der Hauptsitz der Österreichischen Vogelwarte wird am Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung am Wilhelminenberg in Wien-Ottakring sein, bald soll auch in Grafenwörth (NÖ) eine Außenstelle eröffnen.

Reaktion von Birdlife Austria

Gabor Wichmann von Birdlife Austria bezeichnete die Österreichische Vogelwarte als "tolle Sache", die man schon lange versucht habe zu etablieren. "Die Vogelzugforschung liegt hierzulande relativ brach", meint er. Doch gerade der Alpenraum wäre, was den Vogelzug betrifft, ein sehr interessantes Gebiet.

Neben der Grundlagenforschung sei es auch für den Umweltschutz relevant, wo, wann und wie Vögel durchziehen, erklärte Wichmann. Mit diesem Wissen könne man etwa ihre Rastplätze schützen und die Infrastruktur im Alpenraum besser planen, zum Beispiel, wo man Windkraftanlagen und verschiedene Leitungen bauen soll und wo besser nicht.

Der Leiter

Leonida Fusani, geboren 1964 in Florenz, startete seine akademische Karriere mit einem Klavierstudium in seiner Geburtsstadt. Nach dessen Abschluss studierte er Biologie, wobei ihn sein musikalisches Wissen rasch in das Gebiet der Bioakustik brachte. Er dissertierte im Bereich der akustischen Kommunikation an der Universität Cambridge und arbeitete am Max Planck-Institut für Ornithologie. Es folgten Forschungsaufenthalte in Panama, Italien und den USA, wo Fusani sein Interesse für Zugvögel entwickelte. Seit September hat er eine Professur als "Double Appointment" an der Vetmeduni und der Uni Wien.

Neben der Vogelwarte leitet Fusani auch die Abteilung für Ornithologie am Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung der Vetmed. Als Wissenschafter interessiere ihn zum Beispiel, wie Zugvögel entscheiden, wann und wo sie eine Rast einlegen, erklärte er. Rasten sie etwa auf einer Meeresinsel oder in einer Wüstenoase, müssen sie vor dem Aufbruch wissen, ob sie genug Energie getankt haben, um die Reise bis zur nächstmöglichen Raststation fortsetzen zu können. Bei Nachtziehern - das sind Vögel, die nächtens und alleine ziehen - habe er mit Kollegen bereits gezeigt, dass dafür die Körperfett-Reserven der Tiere eine Rolle spielen. (APA/red, derStandard.at, 15. 10. 2014)