Salzburg - Die Universität Salzburg hat am Dienstag dem früheren Leiter des Hauses der Natur, Eduard Paul Tratz, wegen seiner nationalsozialistischen Vergangenheit das 1973 verliehene Ehrendoktorat wieder aberkannt. Im Verfahren zur Verleihung seien wesentliche Tatsachen, nämlich die gravierende Verstrickung in nationalsozialistisches Unrecht, verschwiegen worden, begründete der Senat seinen Beschluss.

Die Entscheidung im Senat erfolgte bei 25 Anwesenden einstimmig, sagte Uni-Sprecherin Gabriele Pfeifer. In der Tabula Honorum sowie im Ehrenbuch der Universität wird nun Folgendes angemerkt: "Das Ehrendoktorat wurde durch Beschluss des Senates vom 14. Oktober 2014 widerrufen." Wäre die Vergangenheit des Mannes bekannt gewesen, hätte es die Ehrung nie gegeben. Laut Pfeifer ist es das erste Mal, dass in Salzburg ein Ehrendoktorat widerrufen wird.

Hintergrund

Der Senat stützte sich bei seiner Entscheidung auf die Studie des Salzburger Historikers Robert Hoffmann "Ein Museum für Himmler. Eduard Paul Tratz und die Integration des Salzburger 'Hauses der Natur' in das 'Ahnenerbe' der SS". Demnach hat sich der im Jahr 1977 verstorbene Tratz in den Jahren 1939 bis 1943 als SS-Hauptsturmführer an Kulturraub-Aktionen zugunsten des SS-Ahnenerbes in Ost- und Mitteleuropa beteiligt. Dabei wurden unter anderem Exponate für das Haus der Natur requiriert.

Zugleich war Tratz als Autor pseudowissenschaftlicher Publikationen sozialdarwinistischen Inhalts hervorgetreten, etwa mit dem Artikel "Kampf in der Natur" (1943) im "SS-Leitheft". Dort betonte er die Überlegenheit des "arischen" und "naturnahen" Wesens und beklagte Beeinträchtigungen durch "fremdrassige Belastungen". In diesem Zusammenhang führte er aus, dass ein tüchtiger Mensch mehr Gegner habe als ein bedeutungsloser; wenn nicht, dann sei er "eine Niete, die beseitigt werden muß". In einer 1943 im "Ahnerbe-Stiftung Verlag" erschienenen Schrift berief er sich auf die angeblich rücksichtlose Ausmerzung von "Krüppeln und Mißgeburten" in der Natur, woran sich der Mensch ein Beispiel nehmen möge. Entscheidend sei nicht das Schicksal des Einzelnen, sondern das der Gesamtheit.

Alleine diese Handlungen und Publikationen, die im Verfahren der Verleihung verschwiegen worden seien, ließen Eduard Paul Tratz als unwürdig erscheinen, als Ehrendoktor der Universität Salzburg geführt zu werden, so die Universität. Da aber die Streichung aus der Liste der Ehrendoktoren eine Verfälschung der Geschichte wäre, werde der Widerruf vielmehr dort angemerkt. Die Universität kündigte an, die Tabula Honorum umfassend und gründlich auf mögliche weitere Problemfälle zu untersuchen. (APA, derStandard.at, 15. 10. 2014)