Klosterneuburg - Als Fabienne Jesse aus den Niederlanden nach Maria Gugging kam, fühlte sie sich wie am Flughafen. "Hier sind so viele Menschen aus der ganzen Welt. Außer dem Essen in der Kantine gibt es nichts besonders Österreichisches", sagt sie und lacht. Die Mikrobiologin ist Doktorandin am Institute of Science and Technology Austria (IST Austria) in Niederösterreich.

Am IST Austria wird nur Englisch gesprochen, die 250 Wissenschafter kommen aus 51 Ländern. Sie betreiben Grundlagenforschung in Biowissenschaften, Physik, Chemie, Mathematik und Computerwissenschaften. Ein Standard-Lokalaugenschein im Institut, an dem vor fünf Jahren die Arbeit begonnen hat, zeigt: Fertig ist es noch lange nicht. Auf dem Campus sind zahlreiche Baustellen. Um den Park mit einen kleinen Teich reihen sich aber bereits einige fertige Labor- und Verwaltungsgebäude. Im November werden die Rohbauten der neuen Laborgebäude fertig.

Thomas Henzinger (re.), IST-Präsident, und sein Vize Michael Sixt haben keine Geldsorgen. Die Finanzierung steht bis zum Jahr 2026.
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Mit der Gründung des IST hat die schwarz-blaue Regierung in den 2000er-Jahren ein riskantes Unterfangen begonnen. Das Ziel: eine international angesehene exzellente Forschungseinrichtung am Reißbrett entstehen zu lassen. Kritik gab es damals vor allem am Standort des Campus. Auf den Wunsch von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) baute man das Institut an der Peripherie von Wien, in Maria Gugging bei Klosterneuburg.

Die Wissenschafter scheint das nicht zu stören. Professorin Daria Siekhaus ist für ihre Zellforschung an Fruchtfliegen sogar von New York nach Gugging gekommen. "Natürlich war es ein Risiko, weil das IST nicht so bekannt ist wie amerikanische Institute. Aber das bedeutet, dass hier Menschen herkommen, die bereit sind, ein Risiko einzugehen, ich mag solche Menschen", sagt sie.

Tatsächlich war es für den Präsidenten des IST, Thomas Henzinger, nicht immer einfach, bereits etablierte Professoren von anderen Unis abzuwerben. Eine Herausforderung sei es immer wieder, Frauen zu berufen, weshalb bisher von 29 Professoren nur fünf weiblich sind (siehe Grafik). Deutlich besser sei die Situation bei jungen Wissenschafterinnen und Studierenden.

Von 29 Professoren sind fünf weiblich, bei den Post-Doc-Stellen und PhD-Studenten sind mehr Frauen aktiv.

Das IST setzt vor allem auf junge Wissenschafter. Die Forscher, die im Labor arbeiten, sind meist um die dreißig, die Professoren oft erst Anfang vierzig, wie etwa die Biologin Siekhaus. Sie sitzen vor ihren Laptops, hinter ihnen Messgeräte und Kühlschränke, auf denen ein Totenschädel vor gelbem Hintergrund vor giftigen Substanzen warnt. Nicht alles ist so ernst: Neben den Computern kleben Cartoons von Mikroben, und an einem Regal hängen Fanartikel des FC Bayern München.

Im Gegensatz zu den Unis hat das IST keine finanziellen Probleme. Der Bund stellt bis zum Jahr 2026 bis zu 1,3 Milliarden Euro zur Verfügung. Niederösterreich zahlt 510 Millionen für die Infrastruktur. Eine langfristige Finanzierungsaussicht sei notwendig, um ein neues Institut aufzubauen, sagt Henzinger. "Wir schwimmen aber nicht im Geld, es gibt einen hohen Druck, Drittmittel einzuwerben", sagt sein Stellvertreter Michael Sixt.

Bis das Institut am Ziel ist, wird noch viel Zeit vergehen. "In den aktiven Feldern sind wir bereits international anerkannt. Der Prozess, bis sich das IST als Organisation in der Wissenschaftsszene etabliert hat, wird es noch Jahrzehnte dauern", sagt Henzinger.

Bis das IST Austria als Organisation in der Wissenschaftsszene etabliert ist, wird noch viel Zeit vergehen.
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Helga Nowotny, ehemalige Präsidentin des Europäischen Forschungsrates (ERC), sieht das Institut auf einem guten Weg. "Dies zeigt sich nicht zuletzt an der kontinuierlich wachsenden Zahl an Stipendien des ERC, die wirklich beeindruckend sind", sagt sie. Auch ein Evaluierungsbericht aus dem Jahr 2011 stellte der Entwicklung des Instituts ein positives Zeugnis aus. Kritik daran, dass Personen innerhalb der Evaluierungskommission Henzinger selbst nahestanden, weist dieser vehement zurück: "Wir gehen hier nach internationalen Standards wie etwa des Max-Planck-Instituts vor. Auch wenn ein amerikanisches Institut evaluiert wird, wird das durch Peers gemacht. Es ist unglaublich wichtig, dass man die Wissenschafter von Peers evaluieren lässt."

Die Universitätenkonferenz sieht nach anfänglicher Kritik an der großen Geldspritze die Existenz das IST gelassen. Für Präsident Heinrich Schmidinger hat sich das Institut bereits als Forschungsstelle etabliert. Trotzdem fordert er eine Stärkung der Exzellenzbereiche der Universitäten. (Lisa Kogelnik, DER STANDARD, 16.10.2014)