In einem Abschlussbericht des Büros für Korruptionsbekämpfung werden schwere Vorwürfe gegen das Justizministerium laut: Der "Falter" veröffentlicht in seiner neuen Ausgabe Verschlussakten, die den sexuellen Missbrauch von Insassinnen der Justizanstalt Wien-Josefstadt dokumentieren. Justizwachebeamte sollen Gefangene in Jausenräumen, Putzkammerln und Wachzimmern missbraucht haben.

Der Wochenzeitung liegen zudem mehrere Zeuginnenaussagen vor, die jahrelangen und systematischen Missbrauch schildern. Die Frauen fürchteten teilweise, Besuchsrechte von Kindern oder Vergünstigungen in der Haft zu verlieren, wenn sie sich gegen den Missbrauch wehren. Dem Justizministerium seien laut "Falter" die Aussagen seit einem Jahr bekannt. Die beschuldigten Beamten wurden dennoch bislang nicht suspendiert. Eine Beamtin, die Alarm schlug, wurde versetzt.

Noch keine Suspendierungen

Der Abschlussbericht liegt bisher weder dem Justizministerium noch der Vollzugsdirektion vor. Bisher hätten sich keine Gründe ergeben, eine Suspendierung auszusprechen, sagte der Leiter der Vollzugsdirektion, Peter Prechtl, am Dienstag der APA. Allerdings werde man, "wenn sich das Szenario verdichtet, schnell reagieren und die notwendigen Schritte setzen". Dann können "dienstrechtliche Schritte" gesetzt werden. Jedenfalls sei der Beamte "nicht im Frauenvollzug eingeteilt", sagte Prechtl.

"Wir haben den Bericht noch nicht in den Händen", sagte auch Sektionschef Christian Pilnacek vom Justizministerium. Über das weitere Vorgehen müsse jedenfalls die Staatsanwaltschaft entscheiden. Dort sei der Abschlussbericht des BAK im Juni eingelangt, sagte Staatsanwaltschaftssprecherin Nina Bussek: "Inzwischen waren aber weitere Bearbeitungen erforderlich." Derzeit werde an der Erledigung gearbeitet. "Es wird dann im Wege der Oberstaatsanwaltschaft ein Vorhabensbericht dem Bundesministerium für Justiz übermittelt", sagte Bussek.

Auch Misshandlungen in Stein und Suben untersucht

Auch bezüglich Misshandlungen in den Anstalten Stein und Suben sollen Ermittlungen laufen. Der "Falter" berichtet, dass in Suben die Misshandlung eines Insassen durch eine Videokamera gefilmt wurde. Zu sehen sei, wie ein Justizwachebeamter den Kopf eines Insassen gegen eine Wand schlug. Drei Kollegen deckten ihn.

Das Justizministerium urteilte, dass das nicht strafbar sei: Denn die Justizwachebeamten hätten nicht davon ausgehen müssen, dass die Attacke gegen den Gefangenen in "Verletzungsabsicht" erfolgte. Daher seien sie nicht zu einer Anzeige verpflichtet gewesen. Diese Entscheidung wurde von Justizsektionschef Christian Pilnacek genehmigt. Der "Falter" weist darauf hin, dass der Oberste Gerichtshofs in einem Urteil ausdrücklich festhält, dass das Nichtanzeigen von Misshandlungen durch Justizwachebeamte Amtsmissbrauch darstellt.

Prämie für freiheitlichen Personalvertreter gestoppt

Der freiheitliche Personalvertreter Roman Söllner sollte eine Prämie für "besondere Verdienste" vom Justizministerium erhalten. Er war der zuständige Abteilungskommandant, der für den Insassen Wilhelm S. zuständig war, dem die Füße verfaulten. Obwohl die Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen "Quälens von Gefangenen berichtete", sollte er die Prämie erhalten. Justizminister Brandstetter stoppte die Auszahlung. (APA/red, derStandard.at, 14.10.2014)