Wien - Zwei Wiener Mädchen, die sich in Syrien Jihadisten angeschlossen haben sollen, müssen bei einer Rückkehr nach Österreich wohl nicht mit harten Strafen rechnen. "Man kann nicht einfach annehmen, dass jede Ausreise nach Syrien die Teilnahme an einer terroristischen Kampfeinheit bedeutet", sagte der Innsbrucker Strafrechtler Andreas Venier der APA. Die Schuld müsse im Einzelfall nachgewiesen werden.

Die beiden Mädchen, Samra K. und Sabina S., tauchten im April ab. Nach Angaben ihrer Eltern, bosnischer Flüchtlinge, die in den 1990er-Jahren nach Österreich gekommen waren, kündigten sie an, in Syrien für den Islam kämpfen zu wollen. In den vergangenen Wochen gaben sie immer wieder Lebenszeichen von sich - so waren sie auf Bildern, die auf Facebook auftauchten, angeblich vollverschleiert zu sehen.

Kein offizieller Kommentar

Nach Berichten in "Österreich" und der "Krone" aus der Vorwoche wollen die Mädchen inzwischen wieder nach Hause. Die Behörden geben dazu offiziell keinen Kommentar ab. Über Interpol werden die Mädchen weiter als "vermisst" gesucht. Es werde aber gegen alle Jihad-Heimkehrer unter Terrorverdacht ermittelt, heißt es aus dem Innenministerium in Wien.

Strafbar ist in Österreich bereits die Beteiligung an einer Terrororganisation. Dies könne etwa bedeuten, dass man eine Gruppe wie den "Islamischen Staat" (IS) in Syrien und dem Irak unterstütze oder mit Informationen versorge, sagte Venier. Allerdings muss dies klar belegt sein.

Wichtige Milderungsgründe

Weist man den Wiener Mädchen Sabina und Samra die Beteiligung an einer Terrorgruppe nach, drohen ihnen als Minderjährigen bis zu fünf Jahre Haft. Dies ist für Jugendliche jedoch die Höchststrafe, und es gibt wichtige Milderungsgründe: Einschüchterung oder Verführung durch andere Personen gelten etwa als solche, sagte der Jurist.

Auch gebe es für Jugendliche die Möglichkeit zur Diversion: Anstelle einer Anklage kann sich der Staatsanwalt, wenn die Schuld nicht schwer wiegt, mit einer Probezeit oder gemeinnützigen Leistungen begnügen. Das Gericht kann ebenso von einer Verurteilung absehen. Den Mädchen drohten wohl auch im Fall einer Verurteilung nur "milde Sanktionen", sagte Venier.

Die Strafandrohung gegen IS-Mitglieder und Jihadisten gilt nicht für Kämpfer anderer Gruppen in Krisengebieten wie Syrien. "Die Verteidigung von Kobane ist sicher keine terroristische Straftat", sagte Venier in einem Verweis auf kurdische Gegner der Jihadisten-Miliz. Setze sich eine Gruppe den Schutz der Menschenrechte und die Verhinderung eines Massakers an Zivilisten zum Ziel, liege in Österreich kein Straftatbestand vor, erklärte der Jurist. Dies gelte auch dann, wenn eine Gruppe wie die kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG) der militanten Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) nahestehe, die von der EU als Terrororganisation eingestuft ist. (APA, 14.10.2014)