Eine Rattenmutter säugt ihren Nachwuchs. Eine Störung des CRF-Systems im Gehirn kann die Motivation dazu offenbar senken.

Foto: Bosch/Uni Regensburg

Regensburg - Dass Stress zahlreiche negative Auswirkungen auf den Organismus haben kann, ist bekannt. Aber nicht nur auf den eigenen: Wie Forscher der Universität Regensburg herausfanden, verringern gestresste Rattenmütter den Kontakt zu ihrem Nachwuchs oder vernachlässigen ihn sogar ganz. Die Studie dazu wurde im Fachblatt "Journal of Neuroscience" veröffentlicht.

Stefanie Klampfl und Oliver Bosch konnten nachweisen, dass eine Aktivierung der Rezeptoren durch das Stresshormon CRF (Corticotropin-Releasing Factor) zu einer Verhaltensänderung führt. In Versuchen hatten Rattenmütter daraufhin eine geringere Motivation, ihre Jungen zu säugen und diese gegen einen potentiell gefährlichen Eindringling zu verteidigen. Dafür verantwortlich scheint vor allen Dingen der sogenannte Rezeptortyp CRF-R2 zu sein, der zudem gemeinsam mit dem Rezeptortyp CRF-R1 auch die Ängstlichkeit der Rattenmütter beeinflusst.

Fokus auf Gehirnregion BNST

Die Versuche zeigten im Umkehrschluss, dass diese Rezeptoren nicht aktiviert sein dürfen, damit sich eine Rattenmutter fürsorglich um ihren Nachwuchs kümmern kann. In den meisten Fällen bestehe dieses Problem nicht, so die Forscher. Sie vermuten aber, dass bei Frauen, die etwa an Wochenbettdepression leiden und dadurch möglicherweise ihren Nachwuchs vernachlässigen, eine Störung des CRF-Systems im Gehirn vorliegt. Bis jetzt wurden die Ursachen solcher affektiven Erkrankungen allerdings kaum untersucht.

CRF wird als Folge von Stress im Gehirn vermehrt produziert und aktiviert die Stressreaktion des Körpers. Zeitgleich wird CRF als Botenstoff im Gehirn freigesetzt, wo es Emotionen und Verhalten beeinflussen kann. Im Fokus des neuen Forschungsprojekts steht vor diesem Hintergrund eine vielschichtige Gehirnregion namens Bed Nucleus der Stria Terminalis (BNST), welche sowohl für mütterliches Verhalten als auch für Emotionen wie Angst eine große Rolle spielt. Darüber hinaus ist ein Teil dieser Gehirnregion direkt in die Stressverarbeitung eingebunden.

In weiteren Versuchen wollen die Regensburger Forscher nun durch gezielte Manipulation des CRF-Systems schlechte mütterliche Fürsorge zu verhindern. Zudem wollen sie klären, welche natürlichen Regulationsmechanismen im Gehirn dafür verantwortlich sind, eine erhöhte Aktivität des CRF-Systems unter normalen Umständen zu unterdrücken und somit eine Vernachlässigung der Nachkommen zu verhindern. (red, derStandard.at, 19.10.2014)