Die Raffinerie Schwechat, das Herzstück der OMV vor den Toren Wiens. Der Gashandel soll in diesen Bereich integriert, die verbleibende Gassparte der Exploration und Produktion zugeschlagen werden.

Foto: Matthias Cremer

Wien - Der Streit in der Führungsetage der OMV, der im vorzeitigen Abgang von Generaldirektor Gerhard Roiss und Gasvorstand Hans-Peter Floren gipfeln wird, hat Österreichs führendem Industriekonzern alles andere als gut getan. Seit Sommer, als eine breitere Öffentlichkeit von der dicken Luft zwischen den beiden Wind bekam, ist der Kurs der OMV-Aktie um mehr als ein Viertel eingebrochen, ein Wertverlust von etwa drei Milliarden Euro. Allein in der Vorwoche hat das OMV-Papier 6,6 Prozent verloren und notiert jetzt nur mehr knapp über 24 Euro.

War vor dem Wochenende schon von "Fiasko" (© Anlegervertreter Wilhelm Rasinger) die Rede und ließ Finanzminister Hans Jörg Schelling, zu dem die Staatsholding ÖIAG ressortiert, seinem Frust über das Krisenmanagement freien Lauf, sind es nun besorgte Mitarbeiter, die sich zu Wort melden. Sie warnen vor einer fortgesetzten Selbstbeschädigung des Konzerns mit kaum abschätzbaren Folgen. Dabei geht es in erster Linie um den Gasbereich und ein McKinsey-Papier, das bei der Aufsichtsratssitzung am Dienstag beschlossen werden soll. Zumindest steht das als Punkt zwei auf der Tagesordnung der für neun Uhr anberaumten Sitzung. Bei Punkt eins geht es um die Annahme der Protokolle der im September vertagten Sitzung, bei Punkt drei um Personalia. Und genau hier setzen die Bedenken der Belegschaft ein.

Warnung vor Präjudiz

Zwar sei es wichtig, möglichst rasch die offenen Personalfragen zu lösen, damit wieder Ruhe einkehre; genauso wichtig aber sei, die neu zu bestellende Führung der OMV nicht durch voreilige Beschlüsse vor vollendete Tatsachen zu stellen - Beschlüsse, die sich möglicherweise bald schon als falsch herausstellen könnten, wie mit OMV-Interna bestens vertraute Leute unter Zusicherung von Anonymität dem Standard sagten.

Gemeint ist die von der alten OMV-Führung bei der Unternehmensberatung McKinsey bestellte neue Unternehmensstrategie, in der der Gasbereich, einst die Cashcow schlechthin, nur noch eine marginale Rolle spielen soll. Zwar habe sich der Markt innert kurzer Zeit komplett gedreht. Genauso schnell könne das Pendel aber auch wieder zurückschlagen.

Gasbereich als Crux

Mit dem Verfall der Ölpreise, die am Freitag mit Preisen unter 90 Dollar je Fass (159 Liter) ein Vierjahrestief verzeichnet haben, werde auch der daran gekoppelte Gaspreis zeitverzögert sinken. Das könne die schwache Nachfrage anregen und wieder zu vermehrtem Gasverbrauch - Stichwort Verstromung - führen. "Man sollte prüfen, ob die Nachteile durch Auflösung des eigenständigen Gasbereichs mit Streichung des Vorstandspostens nicht die vermeintlichen Vorteile überwiegen", heißt es. Nicht nur die gute Partnerschaft mit der russischen Gasprom könne Schaden nahmen. Auch über Jahrzehnte aufgebautes Know-how drohe verloren zu gehen, wie dies im Ölbereich durch fortgesetztes Outsourcing zum Teil geschehen sei. "Vielleicht hat die neue Führung andere Ideen. Man sollte sich Zeit nehmen und nichts übers Knie brechen."

Chancen von Davies gestiegen

Wie der Aufsichtsrat der OMV in dieser Causa entscheidet, wird sich weisen. Was die mögliche Nachbesetzung von Gerhard Roiss an der Spitze des Mineralölkonzerns betrifft, haben sich übers Wochenende Hinweise verstärkt, die auf Finanzvorstand David Davies als künftigem CEO deuten. Der 59-jährige Brite, der 2002 zur OMV kam, wurde bereits als wahrscheinlicher Kandidat, wenn auch nur interimistisch, genannt. Nun könnte er aber doch für die volle Periode bis 2017 bestellt werden. Für ihn spricht, dass er das Unternehmen bestens kennt und keiner der Streitfraktionen angehört. (Günther Strobl, DER STANDARD, 13.10.2014)