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Die sagenhaften Gewinne, mit denen auch in Österreich tausende Anleger in geschlossene Schiffs- und Immobilienfonds gelockt wurden, blieben aus. Nun kentern die Fonds nach und nach

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Wien - Raiffeisen Landesbank Niederösterreich-Wien (RLB NÖ-W) hat in den 2000er-Jahren viel mehr Schiffs-, Immobilien- und sogenannte Hollandfonds verkauft als bisher bekannt. Laut internen Aufstellungen, die dem Standard vorliegen, hat die RLB allein bis 2012 geschlossene Fondsbeteiligungen an 7011 Kunden verkauft, das gezeichnete Volumen belief sich im September 2012 in Summe auf 266,76 Millionen Euro. Viele von ihnen gelten nach Finanz- und Wirtschaftskrise als geschädigt, weil die versprochenen sagenhaften Gewinnausschüttungen ausgeblieben sind.

Es ist sogar schlimmer. Denn nicht nur fließen von vielen dieser MPC-Beteiligungen keine Gewinne mehr, sondern die Ausschüttungen verwandeln sich in Nachschusspflicht, weil die Anleger tatsächlich (direkt oder indirekt) Kommanditisten dieser geschlossenen Fonds waren. Zudem wurden die auf den Ozeanen herumkurvenden Containerschiffe ebenso kreditfinanziert wie die nun vielfach leer stehenden Büroimmobilien in Holland.

Mitarbeiter betroffen

Besonders pikant: Von den mehr als 7000 Anlegern sind diesen fragwürdigen Konstruktionen, die bereits Gerichte beschäftigen, auch 165 Mitarbeiter der RLB NÖ-Wien auf den Leim gegangen. Und: Die Raiffeisen-Banker im Loos-Haus am Michaelerplatz nächst der Hofburg haben Holland-Fonds (Nr. 60) im Volumen von 28,7 Millionen Euro im Nostro, also in ihren eigenen Büchern.

Sie sind mit "Risiko hoch bis sehr hoch" behaftet, also orange bis dunkelrot auf der "Ampelliste", die von der bankinternen "Taskforce Geschlossene Beteiligungen" am 26. November 2012 bei einer internen Informationsveranstaltung präsentiert wurde. Damals wurden Teamleiter und Mitarbeiter des Privatkundengeschäfts (Private Banking) über "Krisenmanagement" für die virulent gewordenen Kundenbeschwerden informiert.

Mangelnde Aufklärung

Aufschlussreich ist etwa die der mit zahlreichen Anlegerprozessen beauftragten Wiener Rechtsanwaltskanzlei Leitner & Leitner anonym zugespielte "Zusammenfassung einer Informationsveranstaltung" für rund hundert RLB-Mitarbeiter und Kundenbetreuer im November 2012. Sie belegt, was Verein für Konsumenteninformation (VKI; hat mit diversen Banken Vergleiche geschlossen, so auch mit RLB NÖ-W) und Anlegerschützer seit Jahren kritisieren: Dass die Fondsanleger über Risiken nicht gemäß Wertpapieraufsichtsgesetz informiert und aufgeklärt wurden.

"RLB hätte dem Kunden schriftlich abraten müssen", heißt es etwa betreffend jene besonders riskanten MPC-Fonds, die "im Zusammenhang mit Tilgungsträgern stehen", also gleichzeitig mit einem Kredit abgeschlossen wurden.

Die RLB wollte weder die Zahlen noch die Vorgangsweise kommentieren. Generaldirektor-Stellvertreter Georg-Kraft Kinz: "Diese Protokolle sind mittlerweile überholt und beziehen sich auf Geschäfte, die größtenteils zwischen 2004 und 2006 vermittelt wurden. Wir kommentieren widerrechtlich nach außen gelangte interne Protokolle und die darin enthaltenen Aussagen und Zahlen grundsätzlich nicht."

Hilfe für Kundenbetreuer

Während RLB NÖ in Prozessen "offensichtlich auf Zeit spielt und das Prozessrisiko erhöht, indem MPC als Nebenintervenient an Bord kommt", wie Anwalt Wolfgang Leitner kritisiert, waren die Giebelkreuzer intern geradezu offenherzig: Ausgeschüttet wurden nicht Fondsgewinne, sondern "es wurden jene Mittel entnommen, die nicht für laufende Kosten oder Reserven rückgestellt werden mussten", wie es auf die Frage eines Kundenbetreuers heißt.

Originell auch die Hilfestellung für Kundenbetreuer, die zehn Jahre nach Verkauf der Produkte vor Gericht (als Zeugen) aussagen müssen: Ihnen bietet die hausinterne Rechtsabteilung "entsprechende Unterstützung" an. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, 11.10.2014)