Thomas Bernhard ist tot, aber Helmut Kohl lebt. Und wie! In Gesprächen mit dem Journalisten Heribert Schwan hat die beste Birne, die je das Amt des deutschen Bundeskanzlers bekleidete, brühwarm zum Besten gegeben, was sie von ihren ehemaligen politischen Mitstreitern hält: nämlich rein gar nichts (Merkel "kann nicht mit Messer und Gabel essen", Wulff ein "ganz großer Verräter, eine Null", Wolfgang Thierse "ein Volkshochschulhirn usw. usf.). Dagegen ist selbst ein Rohrspatz ein Lercherl.

Wer nun glaubt, dass die Existenz solcher christdemokratischer Schimpfkanonaden auf Deutschland beschränkt sei, der hat sich aber geschnitten. Dem Krisenkolumnisten liegen weltexklusiv Geheimprotokolle von Gesprächen mit Wolfgang Schüssel vor, in denen der für seine würzige Wortwahl ("eine richtige Sau") renommierte Altkanzler über seine Mitstreiter aus der schwarz-blauen Ära und das sonstige politische Personal der Republik vom Leder zieht, dass es nur so seine Art hat.

Den Bundespräsidenten bezeichnet Schüssel als einen "sozialdemokratischen Grottenolm, der mir schon seit Jahrzehnten auf den Senkel geht. Wenn ich nur könnte, würd' ich dem Fischer die Hofburg unterm Hintern wegprivatisieren." Abschätziges auch über Hubert Gorbach: "Der hinterletzte Hudriwudri aus Vorarlberg - den braucht wirklich keiner. Allein sein Pornobalken hätte polizeilich verboten gehört. "

Elisabeth Sickl ist für Schüssel "eine Kärntner Zumutung", die ihm der Haider als Sozialministerin "hineingedrückt" habe ("Dabei wär die selbst mit dem Kasnudl-Ressort überfordert gewesen."). Walter Meischberger? "Ein lachendes Klavier aus dem Tirolischen. Aus welcher Ackerfurche im Ötztal hat man denn den herausgezogen?" Ebenso ungalant äußert sich Schüssel über Susanne Riess-Passer: "Die Wüstenrot-Tusse hab' ich so dringend in der Regierung gebraucht wie ein Wimmerl am Popo."

Auch Ernst Strasser bekommt sein Fett ab: "Dass ich nicht lache: Ein Möchtegern-James-Bond aus Grieskirchen. Als Innenminister unter jeder Sau, aber eine Idealbesetzung als Weißclown." Last, but not least Schüssels Einschätzung von seinem Finanzminister Karl-Heinz Grasser: "Ein blaues Kärntner Gebrauchtwagen-Gfries, das ständig die Pappen offen hat. Wer soll diesem ondulierten Unglück über den Weg trauen?" Man sieht: Nicht nur Kohl, auch Schüssel ist ein Mann der klaren Worte. (Christoph Winder, Album, DER STANDARD, 11./12.10.2014)