Es gibt Sendungen, die schaut man sich einfach nicht an. Nicht weil sie schlecht wären, sondern weil man nicht auf die Idee käme. "Autofocus" ist so eine Sendung - zumindest für Leute, die kurz nach dem Krieg (dem Ersten Golfkrieg) die Führerscheinprüfung bestanden haben und deshalb einen rosa Lappen besitzen, der nützlich ist, wenn man auf der Post etwas abholen muss, oder sollte einmal ein Taxler überm Lenkrad zusammensacken. Solche Leute, die für Fahrräder, Öffis, Züge, Flugzeuge und Schiffe, nicht aber für die Parkplatzsuche Zeit finden, stoßen nur zufällig auf "Autofocus".

Weil der Untertitel "Wie Autos wachsen" einen Beitrag über Fat Cars von Erwin Wurm suggerierte. Oder einfach, weil die Sendung zwischen "Alles Chefsache" und "ZiB 2" lauerte. Dort lockte sie mit Schwarz-Weiß-Bildern von alten Autos, die an der Côte d'Azur entlangschunkeln. Doch dann: Auftritt des Experten Ernest Loidl. Nichts ist, wie es war. Früher hatte ein Auto einen Motor, wohlgemerkt: einen. Heute, so sagt uns der Mann, seien "über hundert Elektromotoren in Fahrzeugen verbaut". In einem? Früher lehrte der Fahrlehrer, Fußgängern immer (!) auszuweichen. Heute redet der Experte über "integrierte Fußgängerschutzmaßnahmen". Man führt die Leute also zusammen, aber fair? Und dann gebe es viele "Bildschirme für Infotainment". Wir sahen nicht einmal aufs Handy damals - wir hatten keines. Kein Wunder, dass man "bis zu 16 Airbags" pro Auto braucht.

"Russisch für Anfänger" in der Kindheit war verständlicher. Apropos Fremdsprachen. Wir haben das Wort Lifestylekombi gelernt. Das ist kein Gewand. Und: Die Ente heißt jetzt Kaktus. Auf Deutsch. Wenn sie aus Frankreich kommt. Alles klar.

Am Ende meint die Sprecherin aus dem Off: "Man kann gespannt sein, wie das Auto von Morgen unsere Art des Reisens verändern wird." Wenn es uns nicht vor den nächsten Zug knallt, gar nicht. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 10.10.2014)