Bild nicht mehr verfügbar.

Investoren wollen mit Öl immer weniger in Berührung kommen. Eine Reihe von institutionellen Investoren steigen aufgrund von Umweltbedenken aus, doch auch die Preisentwicklung schreckt ab.

Foto: AP / Gerald Herbert

Wien – Der Ölpreis und geopolitische Krisen, das ist traditionell eine klare Beziehung. Wann immer es in ölreichen Regionen wie dem Irak, Libyen oder Nigeria terroristische Anschläge oder gar Kriege gibt, steigt der Preis für das "Schwarze Gold". Doch die jüngste Eskalation der Gewalt in Syrien, der Konflikt in der Ostukraine und die bedrohliche Expansion der Terrormiliz "Islamischer Staat" in Ländern wie dem Irak haben den Preis für ein Fass Rohöl kaum erhöht. Im Gegenteil: Seit Juni befindet sich der Rohstoff zusammen mit vielen anderen Märkten, wie etwa Gold, im freien Fall. Ein Fass der Marke Brent kostet aktuell mit knapp 90 Dollar 21 Prozent weniger als vor vier Monaten.

Doch warum gelten vergangene Gesetzmäßigkeiten am Rohstoffmarkt nicht mehr? Zum einen liegt es am US-Dollar. Da die meisten Rohstoffe in Dollar notieren, führt eine stärkere US-Währung zu Druck auf den Märkten für Öl, Kupfer oder Gold. Im Fall von Öl liegt es auch an der Flut des Marktes durch neue Produktionskapazitäten. Mittlerweile produzieren die USA so viel Öl und Gas wie kein anderes Land der Erde. Das Zauberwort dafür heißt: Fracking. Mit dieser Technologie können Öl- und Gasreserven in Gesteinsschichten gefördert werden, die früher unzugänglich waren.

Weiterer Ölpreisfall möglich

Die stark gestiegene Produktion in den USA führt dazu, dass die größte Volkswirtschaft der Erde immer weniger einführen muss. Die USA importierten in den vergangenen sechs Monaten so wenig Öl wie in der Mitte der 1990er-Jahre, zeigen Daten der US-Energiebehörde EIA.

Geht es nach Analysten, könnte der Ölpreis daher noch weiter abrutschen. Bei der US-Ratingagentur Fitch halten Ökonomen sogar Preise von nur 80 Dollar pro Fass für denkbar. Erst bei diesem Preis würden sich die Produktionskosten von Schieferöl nicht mehr rechnen und damit einer der wesentlichen Treiber hinter den fallenden Preisen ausfallen.

Die Angebotssituation ist so gut, dass Ölhändler angefangen haben, vollbeladene Tanker auf dem offenen Meer herumirren zu lassen, um die Überkapazitäten etwas kleiner erscheinen zu lassen. Zuletzt ist auch noch ein Preiskrieg im Ölkartell ausgebrochen, weil sich die Opec-Länder nicht einig sind, was sie gegen den Verfall des Ölpreises tun sollen. Ende November treffen sich die Staaten wieder in Wien, um das weitere Vorgehen zu besprechen. "Die weitere Preisentwicklung wird davon abhängen, ob die Opec-Länder eine Produktionsdrosselung beschließen", so die Rohstoffanalysten der deutschen Deka Bank.

Investoren ziehen sich zurück

Auch die Konjunktur drückt aktuell den Preis. Die Weltwirtschaft wird 2014 mit 3,3 Prozent weniger stark wachsen als zunächst erwartet, haben diese Woche Ökonomen des Internationalen Währungsfonds bekanntgegeben.

Dazu kommt noch ein Trend, der zuletzt institutionelle Anleger erfasst hat. Rund um den Uno-Gipfel zum Klimawandel im September haben viele Stiftungen angekündigt, aus fossilen Energien auszusteigen. Investoren wie der Rockefeller Brothers Fund haben sich ebenso aus Investitionen im Ölsektor zurückgezogen wie Universitätsstiftungen und Pensionsfonds. Alles in allem kündigte eine Initiative von 800 Investoren und Institutionen an, 50 Milliarden Dollar aus dem Sektor abzuziehen. Dieser Trend ist am Donnerstag mit der Universität Glasgow auch erstmals in Europa angekommen. Dazu haben Pensionsfonds angefangen, aus direkten Investitionen auf den Rohstoffmärkten, etwa über Fonds und Derivate, auszusteigen. (Lukas Sustala, DER STANDARD, 10.10.2014)