Die Pizza ist köstlich: nicht zu dick, der Rand schön groß, echt italienisch eben - und frisch aus dem Steinofen, ganz wie es sich gehört. Nur dass der Pizzaofen in Thailand steht, im Point Yamu auf der Insel Phuket. Der Blick schweift vom weiß-türkisen Mobiliar über das Schachbrettmuster des Fußbodens hinaus zum 100 Meter langen Infinity Pool, dahinter die Andamanensee. Es könnte auch die Ägäis sein - oder der Golf von Mexiko.

Die bloße Aussicht auf die Phang-Nga-Bucht, mit ihren spektakulären Unesco-Welterbe-Felsen, ist vielen Gästen Abenteuer genug.
Foto: Como Hotels

Die Stärke des neu eröffneten Luxushotels der Como-Group ist, wenn man so will, auch seine größte Schwäche: Das schöne, eigens für diesen Ort gestaltete Interior-Design ist durch seinen Stilmix so international, dass es einen vergessen lässt, wo man sich befindet. Verantwortlich dafür zeichnet die italienische Designerin Paola Navone, die in Mailand ebenso lebt wie in Hongkong. Das schlägt sich auf ihre Arbeit nieder. Die 1950 geborene gelernte Architektin war in ihren beruflichen Anfängen der Memphis-Bewegung verpflichtet, seit vielen Jahren mixt sie asiatische mit europäischen Elementen - ordinäre Postmoderne eben, wäre da nicht die erstaunliche Liebe zum Detail.

Thailändische Formelemente

Die Nachttischchen in den geräumigen Zimmern und Suiten sind aus blauer Keramik, die in Thailand gefertigt wird. Die Lampen in der zum Meer hin offenen Eingangshalle sind den Reusen der einheimischen Fischer nachempfunden. Auch die Liegen am Pool nehmen thailändische Formelemente auf, schade nur, dass das Flechtwerk aus Kunststoff ist und nicht aus Bast. Sehr authentisch hingegen wirkt die Freundlichkeit und Geduld der thailändischen Angestellten. Wenn sich morgens ein starker Wind hebt, wird die bezaubernde Bademeisterin am Pool nicht müde, die blütenweißen Handtücher, die mit den Schwalben davonflattern wollen, wieder und wieder glattzustreichen.

Abenteuer Aussicht

Wer wirklich schwimmen möchte und nicht nur mit 360-Grad-Panorama-Blick aufs Meer plantschen, muss ein Boot auf eine der vorgelagerten Inseln nehmen. Das Hotel organisiert den Transfer, bis zur nahegelegenen Ablegestelle sind es knappe zehn Minuten. Dass das Point Yamu trotz der traumhaften Lage auf einer Landspitze über keinen eigenen Strand verfügt, ist für den europäischen Gast ein Manko. Viele Besucher aus Amerika oder dem nahegelegenen Malaysia - Kuala Lumpur ist gerade eineinhalb Flugstunden entfernt - sehen das anders: Sie wollen das Resort gar nicht verlassen. Die bloße Aussicht auf die Phang-Nga-Bucht, mit ihren spektakulären Unesco-Welterbe-Felsen, ist ihnen Abenteuer genug.

Es mischen sich asiatische mit europäischen Elementen - ordinäre Postmoderne eben, mit einer erstaunlichen Liebe zum Detail.
Foto: Como Hotels

Wer das anders sieht, dem wird geholfen: Das Hotel organisiert auf Wunsch jederzeit Ausflüge, zum Beispiel in die Altstadt von Phuket Town - und ja, die gibt es wirklich, wenn auch nur in Rudimenten. Der durch Sex- und Massentourismus in Verruf gekommene Strand von Patong war einmal ein besonders schöner Fleck auf der Landkarte. Im Unterschied zu Point Yamu ist es hier, auf der Westseite der Insel, angenehm windstill. Überhaupt ist diese Seite eigentlich die schönere der Insel. Das wussten auch die alten Portugiesen, die hier ihren Hafen auf der wichtigen Gewürzroute zwischen China und Indien anlegten.

Mit allen Schattenseiten

Im 19. Jahrhundert, Phuket gehörte längst zu Thailand, zogen die reichen Zinnvorräte im Inselinneren vor allem chinesische Siedler an. Die sorgten dann auch für das erste Rotlichtviertel in Phuket, eine Einrichtung, die für die großteils muslimischen Fischer an Phukets Küste undenkbar gewesen wäre. Der Rest der Entwicklung ist hinlänglich bekannt: Heute ist Phuket die größte und wichtigste Tourismusregion in Thailand - mit allen Schattenseiten.

Fischernetze für den Osten

Trotzdem gibt es sie noch in Phuket Town, die Straße der Schlüsselmacher oder die Geschäfte mit Netzen, Keschern und Fendern, die Zeichen davon geben, dass hier noch immer gefischt wird mit den typischen Longtailbooten. Dies vor allem an der unerschlosseneren Ostseite der Insel, wo auch das Point Yamu liegt. Vom Massentourismus bekommt man hier nichts mit.

Der Infinity-Pool ist stolze hundert Meter lang.
Foto: Como Hotels

Die Einheimischen nutzen die Ebbe, um Muscheln und Schalentiere zu sammeln. Man kann sie in ihren Dörfern besuchen, etwa bei einem Radausflug, den ebenfalls das Hotel organisiert. Da die Halbinsel hügelig ist, werden Mountainbikes angeboten - zu Recht: Auf der Strecke bis zur nächstgelegen Kautschukplantage geht es auf einem Dschungelpfad auf und ab, bei der tropischen Luftfeuchtigkeit kommen die Gäste schnell ins Schwitzen und sind dankbar, wenn der Guide anhält, um die Kautschukgewinnung zu erklären. Er zeigt, wie die Bäume angeritzt werden, um den austretenden Saft in Schalen aufzufangen. Kautschuk ist nach dem Tourismus noch immer der wichtigste Wirtschaftszweig der Insel.

Dass das Point Yamu trotz der traumhaften Lage auf einer Landspitze über keinen eigenen Strand verfügt, ist für den europäischen Gast ein Manko.
Foto: Como Hotels

Wen am nächsten Tag der Muskelkater plagt, dehnt und streckt sich am besten im hoteleigenen Como Shambhala Retreat, das täglich Yoga oder Pilates anbietet. Spätestens bei der dortigen Nuad-Behandlung, der traditionellen Massagetechnik, bei der man die Schuhe auszieht, aber T-Shirt und Hose entgegen anderslautenden Gerüchten anbehält, weiß man, dass man in Thailand ist - und feiert dies zum Beispiel im Nahmyaa-Restaurant gleich neben dem Infinity Pool. Hier wird nämlich, Buddha sei Dank, auch asiatisch gekocht, und dies auf einem sehr erfreulichen Niveau. Pizza gibt es dann wieder in Neapel, London oder Miami. (Tanja Paar, Rondo, DER STANDARD, 10.10.2014)