Bild nicht mehr verfügbar.

Salih Muslim, Co-Vorsitzender der Partei der Demokratischen Union (PYD)

Foto: REUTERS/Philippe Wojazer

Weil sie an der türkischen Grenze liegt, vollzieht sich die Tragödie um die syrisch-kurdische Stadt Kobanê vor den Augen der Weltöffentlichkeit. Seit Tagen rennen die Milizen des "Islamischen Staats" (IS) gegen sie an, vergeblich bemüht sich der syrische Kurdenführer Salih Muslim um Hilfe.

Der Co-Vorsitzende der Partei der Demokratischen Union (PYD) stammt aus Kobanê beziehungsweise Sharan, einem Dorf in der Nähe. In Kobanê hatte die von der PYD organisierte syrisch-kurdische Selbstverwaltung ihren Sitz - und dort ist auch das Grab Shervans, des jüngsten Sohns Salih Muslim Muhammads, wie der 1951 geborenen Kurdenpolitiker mit vollem Namen heißt. Shervan wurde im Oktober 2013 von einem Scharfschützen - wahrscheinlich der IS - erschossen. Sein Bruder, Amed, kämpft ebenfalls bei den Milizen der PYD, den YPG (Verteidigungseinheiten). Es gibt zwei weitere Brüder und eine Schwester.

Zum kurdischen Aktivisten wurde Salih Muslim in den 1970ern, als er in Istanbul Technik studierte: Das große Vorbild war damals der irakische Kurdenführer Mullah Mustafa Barzani. Nach einem Arbeitsaufenthalt in Saudi-Arabien nach Syrien zurückgekehrt, trat Salih Muslim 1998 der syrischen Schwesterpartei der - damals längst von Barzanis Sohn Masud geleiteten - Kurdischen Demokratischen Partei bei. 2003 wandte er sich enttäuscht von der KDP ab und schloss sich der neugegründeten PYD an: als syrisches Pendant der türkisch-kurdischen Arbeiterpartei PKK das ideologische Gegenstück. Muslim und seine Frau Ayshe waren wegen ihrer politischen Aktivitäten wiederholt im Gefängnis.

Auch wenn die Kurden angesichts der aktuellen Krise geschlossen auftreten, sind die Beziehungen zwischen Muslim und Barzani schwierig. Barzani, der nach Ausbruch des Aufstands versuchte, die syrischen Kurdenparteien zu koordinieren, kritisierte die Etablierung der PYD-Selbstverwaltung scharf. Die PYD ist auch die einzige Kurdenpartei, die zur innersyrischen Oppositionsgruppe "Nationales Koordinationskomitee für Demokratischen Wandel" (NCC) - der manche Regimenähe vorwerfen - gehört. Muslim ist NCC-Vizechef.

Barzani wiederum, Präsident der Regierung in Erbil, ist für die PYD verdächtig: wegen sehr guter Beziehungen zu Ankara. Allerdings ist auch Muslim oft in der Türkei - hingegen wurde ihm vor einem Jahr ein US-Visum verweigert, als er zu einer Konferenz fahren wollte. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 9.10.2014)