Wien - Momentaufnahmen der Verbreitung heute lebender Organismen reichen nicht, um bestimmen zu können, wie sich große klimatische Veränderungen auswirken. Dafür werden Fossilberichte gebraucht, die lange Zeiträume abdecken, sagt Martin Zuschin, der am Department für Paläontologie der Universität Wien forscht.

Zuschin hatte in einem Team unter der Leitung von Adam Tomasovych vom Geologischen Institut der Slowakischen Akademie der Wissenschaften mituntersucht, wie sich ein über viele Millionen Jahre erstreckender Klimawandel in der Erdneuzeit (dem Känozoikum) auf Lebensgemeinschaften von Organismen im küstennahen Meer und in Wassertiefen von wenigen hundert Metern ausgewirkt hat. Es sei schon bekannt gewesen, dass über große evolutionäre Zeiträume (die sich mindestens über zehn Millionen Jahre erstrecken), die Entstehungs- und Aussterberaten von wirbellosen Meerestieren in küstennahen Lebensräumen höher als in küstenfernen sind, erklärte Zuschin.

Kontinuierliche Veränderungen oder Einschnitte?

Das Team untersuchte nun die Fossilinhalte von Ablagerungen aus unterschiedlichen Schichten des Eozäns (vor 56 bis 34 Millionen Jahren) und des Plio- und Pleistozäns (vor etwa 5 Millionen bis 12.000 Jahren). Damit wollten die Forscher klären, ob die über längere Zeiträume erkennbaren Unterschiede durch kleine aber kontinuierliche Veränderungen oder abrupte "Umbauten" größeren Ausmaßes entstanden sind.

"Es zeigte sich, dass zwischen diesen beiden Epochen im seichten Wasser wesentlich drastischere Veränderungen in den ehemaligen Lebensgemeinschaften stattgefunden haben als im Tiefwasser und die Unterschiede auf abrupte Veränderungen zurückzuführen sind", so Zuschin. Offensichtlich waren wohl die Bedingungen im tieferen Wasser in beiden Epochen recht ähnlich, während es gleichzeitig im Flachwasser zu großen klimabedingten Veränderungen gekommen ist.

Langfristige Perspektive

Dies könne man aber nur erkennen, wenn man längere Zeiträume von über zehn Millionen Jahren betrachtet. Zieht man kürzere Abschnitte des Fossilberichts heran, sei kein Wandel feststellbar, erklärte er.

Der Fossilbericht gäbe also Einblicke in evolutionäre und ökologische Vorgänge, die sich in großem Maßstab abspielen. Diese seien wichtig, um Veränderungen abzuschätzen, die der aktuelle Klimawandel bringt, so der Paläontologe. Die Arbeit wurde im Fachjournal "Proceedings of the Royal Society B" veröffentlicht. (APA/red, derStandard.at, 13. 10. 2014)