In Vorarlberg wagt man also einen weiteren Schritt in Richtung gemeinsamer Schule (also Gesamtschule, aber das ist ja ein Reizwort). Modellregionen sollen dort entstehen, darauf habe sich die neue schwarz-grüne Landesregierung geeinigt. So weit gehen, die gemeinsame Schule gleich im ganzen Bundesland einzuführen, will man in der ÖVP jedoch nicht. Auch wenn die vielzitierte Westachse der Volkspartei deutlich aufgeschlossener ist: Ganz will man den Wechsel von "G" wie Gymnasium zu "G" wie gemeinsame Schule nicht wagen.

Denn trotz aller Bekenntnisse aus der Landespolitik, gänzlich überzeugen konnte man die schwarze Bundespartei von dieser Modelloption noch nicht. Das Gymnasium wird in der Wiener Lichtenfelsgasse nach wie vor hochgehalten.

Doch eigentlich ist diese Modellisierung der Bildungslandschaft Sinnbild einer tiefen Verzweiflung auf allen Seiten. Die Positionen der Parteien sind tief in das ideologische Fundament gerammt und ein Graben darum gegraben. Der Versuch, durch den Versuch eine Lösung im Bildungshickhack zu erreichen, soll die jeweils andere Partei in Versuchung bringen.

Die Volkspartei hält mit dem teilweisen Bekenntnis zu Modellregionen einer gemeinsamen Schule Grüne und Sozialdemokraten hin und weckt Hoffnungen. Die Sozialdemokraten gehen der Diskussion neuerdings erst einmal aus dem Weg, und bei den Grünen ist man überzeugt, die Volkspartei noch zu überzeugen, wenn sie doch einmal sieht, wie toll die gemeinsame Schule ist.

Was in manchen Fällen ein Arbeitskreis ist, heißt in Bildungsfragen Schulversuch oder Modellregion. Schauen wir einmal, wie das in einem Modell funktioniert - und entscheiden wir dann irgendwann später, unter dem nächsten Parteichef oder dem nächsten Bundeskanzler.

In Vorarlberg will Landeshauptmann Markus Wallner erst einmal testen, wie sich die gemeinsame Schule in Konkurrenz zu anderen Systemen bewährt. Ein Schulsystem, das darauf basiert, dass alle Schülerinnen und Schüler gemeinsam unterrichtet werden (und so soziale Unterschiede beseitigt), soll sich in Konkurrenz zu einem bestehenden Schulsystem beweisen.

Unliebsame Entscheidungen werden so auf die Versuchsbank geschoben. Das kann zweierlei bewirken: langsame Bewegung in der Bildungsfrage oder eine weitere Fragmentierung der Bildungslandschaft. In Österreich sieht man den Bildungsentscheidungen den hatscherten Kompromiss an. Das Abschieben ins Versuchssystem ist Teil dieses Problems. (Sebastian Pumberger, derStandard.at, 8.10.2014)