Alte Streuobstsorten mit prägnanter Säure eignen sich besser für die salzige Küche als die hier abgebildeten Golden Delicious, die wegen ihrer Haltbarkeit so beliebt sind - beim Handel.

Foto: Lukas Friesenbichler

Wieder einmal wird die Liebe zur Heimat und ihren Bauern bemüht, diesmal soll damit der Apfelkonsum hochgeschraubt werden. Der von Putin dekretierte Einfuhrstopp nach Russland müsse schließlich abgefedert werden, heißt es vonseiten der Landwirtschaftskammer. Aha. Dass Russland zu keinem Zeitpunkt ein besonders relevanter Absatzmarkt für unsere Äpfel war, macht die Argumentationslinie nicht eben trittfester. Wir sind freilich für jeden Anlass dankbar, den Genuss erntefrischen Obstes propagandistisch voranzutreiben.

Der Apfel ist schließlich seit kurzem vom Baum und auf den Wochenmärkten in einer Sortenvielfalt zu haben, dass man gar nicht an ihm vorbeigehen kann. Die auf Gleichförmigkeit und Einheitsgeschmack getrimmten Supermarktverwandten sehen dagegen speziell alt aus- in gar nicht wenigen Fällen ist dort noch die in Gaslagern aus dem Vorjahr herübergerettete Muff-Ware im Angebot. Dieses Zeug sollen andere essen, unsereins hat schließlich dafür zu sorgen, dass die frische Ernte nicht ein ähnlich trostloses Schicksal erleidet.

Wie dem Apfel in der Mehlspeisküche beizukommen ist, muss dem aufrechten Patrioten nicht nähergebracht werden - zu ausgefeilt ist das Programm zwischen Apfelstrudel, -charlotte, -schlangerl oder -spalten, zwischen Bröselkuchen und Tartes, Apple-Pie und Äpfeln im Schlafrock.

Abseits von Apfelkren und Matjes

Auf der salzigen Seite hingegen drohen die Traditionen abseits von Apfelkren und Matjes Hausfrauenart ein wenig ins Hintertreffen zu geraten, dabei tut sich gerade da ein weites Feld auf, wo der Apfel seine Säure wie auch Süße aufs Angenehmste einzubringen hat. Jetzt ist genau die Zeit im Jahr, in der wir jene Kombinationen aus der Versenkung holen sollten, die herzhafte, herbstliche Fleischspeisen mit Apfel konterkarieren. Traditionell sind da die Kombinationen mit Blutwurst und Erdäpfelpüree zu nennen, jene mit gebratenem Schwein (und zwar dem eher gar nicht Mageren) und der Kalbsleber, aber auch als Beigabe zum Sauerkraut, wo ein Apfel oder zwei jeden Anflug von kohldumpfer Bitternis aufs Nachhaltigste zu verhindern wissen.

Der Apfel kann aber noch viel mehr. Ein Paprikahendl etwa bekommt durch ein paar angebratene und hernach im Saft verkochte Apfelspalten eine im Hintergrund agierende Fruchtigkeit, die sich besonders vorteilhaft zu jener des Paprikas verhält. Fischcurry wird mittels eines sauren Apfels geschmacklich straffer, ohne deshalb ins Süßliche abzugleiten. Auch das manchmal überbordende Aroma gebratener Fettfische, ob Sardine, Hering oder Makrele, wirkt in Kombination mit der sauberen Aromatik des Apfels wie abgefedert. In England wird Räuchermakrele oft mit einem Rohkostsalat aus Apfel und Fenchel tischfein gemacht, in der nahen Normandie wird Makrele in herbem Cidre und grobem Senf geschmort.

Waldorf-Salat, also in Julienne geschnittene Äpfel und Knollensellerie mit scharfer Senfvinaigrette und Walnüssen, schmeckt jetzt so gut wie sonst nie im ganzen Jahr, die Kombination mit geräucherten Würsten und gereiftem Schinken (Sautanz!) ist überhaupt unschlagbar. (Severin Corti, DER STANDARD, 10.10.2014)


Boskop

Flambierte Ente mit grünem Pfeffer auf geschmolzenen Äpfeln

Für vier Personen

1 Flugente à 1,5 kg - 2 Esslöffel eingelegter grüner Pfeffer - 50 g Butter - 0,1 l Crème fraîche - 1 große Zwiebel, feinst gehackt - 1 doppeltes Stamperl Whisky, idealerweise Lagavulin oder sonst ein torfiger Whisky - 1½ kg Boskop-Äpfel, geschält, entkernt und geviertelt - 50 g Zucker - 50 g Butter

Den Grill des Backrohrs auf 230 °C vorheizen.
Die Bauchhöhle der Ente mit einem Esslöffel Pfeffer (vorher mit einer Gabel andrücken), einem Kaffeelöffel Salz und 40 g Butter würzen.
Mit der restlichen Butter die Hautseite einschmieren.

In stabiler Seitenlage in eine schwach geölte Bratform legen und für 1¼ Stunden im Rohr grillen, dabei alle 20-25 min. wenden, sodass der Vogel von allen Seiten bräunt.

Zehn Minuten vor Ende der Bratzeit einen Schöpfer Bratensaft aus der Form holen und in einem kleinen Topf bei kleiner Hitze die Zwiebel darin schmurgeln lassen.
Die Ente aus dem Rohr holen, mit Whisky übergießen und flambieren.

Den verbliebenen Bratensaft zum Zwiebelgemisch leeren, den grünen Pfeffer zugeben und warmhalten. Während die Ente rastet, die Äpfel mit 30 Gramm Butter, 50 Gramm Zucker und einer Kaffeetasse Wasser im Drucktopf für fünf Minuten schmelzen lassen.
Auf einer großen, vorgewärmten Platte anrichten, die tranchierte Ente darauf drapieren, die Sauce getrennt dazu reichen.

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Gravensteiner

In Most geschmorte Makrelenfilets

Für vier Personen

Acht Makrelenfilets, küchenfertig zugeputzt - 1 große Zwiebel - 2 Äpfel, z. B. Gravensteiner - 3 EL grober Dijon-Senf "à l'ancienne" - Olivenöl - ¼ l Apfelmost - Salz und Pfeffer

Den Grill des Backrohrs maximal aufheizen.
Währenddessen die Zwiebel in feine Streifen schneiden und in Olivenöl sanft weichdünsten.
Äpfel schälen, vierteln, entkernen und in Scheiben schneiden.
In einer weiten Pfanne mit etwas Olivenöl bei hoher Hitze kurz Farbe nehmen lassen.
Mit den Zwiebeln vermengen.

Eine ofenfeste Form damit auslegen, die Makrelenfilets mit der Hautseite nach unten darauflegen, salzen, pfeffern, mit Senf großzügig bestreichen, den Most zugießen und ins Rohr schieben. Wenn die Filets mit dem Senf eine schön goldbraune Farbe angenommen haben (nach rund zehn Minuten), herausholen und mit Reis oder krachfrischem Baguette servieren.

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Maschansker

Speck-Apfelstrudel

Für sechs Personen

1 ausgezogener Strudelteig aus 300 g Mehl, alternativ eine Packung Tiefkühlstrudelteig -
1 kg säuerliche Äpfel (Boskop, Elstar, Maschansker ...) - 300 g Frühstücksspeck - 120 g Brösel - 140 g Butter - etwas Zitronensaft - 8 Wacholderbeeren, grob gehackt - Pfeffer aus der Mühle

Den Ofen auf 180 °C vorheizen. Die Äpfel schälen, vierteln und entkernen, in grobe Scheiben schneiden und mit etwas Zitronensaft vermengen - verhindert, dass sie braun werden.

Die Brösel in der Hälfte der Butter unter Rühren braun rösten. Den Speck in Würfel von einem Zentimeter Kantenlänge schneiden, bei hoher Hitze kurz anrösten, pfeffern, mit Wacholder würzen und unter die Äpfel mischen.

Restliche Butter zerlassen, Strudelteig auf einem feuchten Geschirrtuch ausbreiten und wie gewohnt mit Butter auspinseln, dann eine zweite Lage Teig darüberlegen. Mit Bröseln bestreuen, die Apfel-Speck-Mischung gleichmäßig darüber verteilen, mithilfe des Geschirrtuchs vorsichtig einrollen, auf den Seiten gut verschließen und mit der Naht nach unten auf ein gebuttertes Blech gleiten lassen.

Nach Geschmack mit versprudeltem Ei bepinseln und für 30-40 Minuten im Rohr backen. Etwas abkühlen lassen, in dicke Stücke schneiden und servieren. Dazu passt Endiviensalat mit Senf-Vinaigrette.

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