Kunst- und Kulturvermittler müssen oft mehrere Jobs annehmen, um sich finanziell über Wasser zu halten.

Kunsthistoriker, die sich für den Beruf der Kunst- und Kulturvermittler entscheiden, haben ein hartes Los gezogen. Geringe Bezahlung, schlechte Verträge und viele Stunden Gratisarbeit stehen an der Tagesordnung. Es wird Zeit, dass sich etwas ändert.

"Träume sind Schäume" ist ein beliebter Spruch, den ich noch aus Kindheitstagen kenne. Das bedeutet, die Traumwelt hat nichts mit dem realen Leben zu tun. Ignorieren wir Freud und übersetzen den Spruch auf die Realität der Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker, so kann man tatsächlich erkennen, dass der Berufswunsch oft nur ein Traum bleibt.

Wie in vielen anderen geisteswissenschaftlichen Studien ist man als Kunstgeschichtestudentin natürlich nicht ganz so optimistisch bei der Jobsuche wie vielleicht eine Absolventin des Juridicums oder der Wirtschaftuniversität.

Mehr Studierende

Trotzdem muss man festhalten, dass es in den vergangenen Jahren immer schwieriger geworden ist, als Kunsthistorikerin einen studiennahen Job zu finden. Die stetig steigende Anzahl von Studierenden ist ja nichts schlechtes, sondern im Gegenteil, eine positive Entwicklung. Wo aber all die Absolventen untergebracht werden sollen, steht auf einem ganz anderen Blatt geschrieben. Es gibt schlicht und einfach nicht ausreichend Möglichkeiten, um als ausgebildete Kunsthistorikerin das Wissen beruflich umzusetzen.

Preisdumping in der Kunst- und Kulturvermittlung

Kommen wir zur Tätigkeit der Kunst- und Kulturvermittler, die vorwiegend ein
frauendominiertes Feld ist. Viele sehen diesen Job als Übergangslösung an, als Nebenverdienst während der Studienzeit oder als Pausenfüller für Wissbegierige. Aber tatsächlich ist die Museumspädagogik ein vielschichtiges Feld und in Deutschland schon längst ein anerkannter Berufszweig im musealen Bereich. In Österreich scheint man davon noch weit weg zu sein. Es wird sogar regelrecht Preisdumping betrieben, allen voran von berühmten Museen, die mit rund 20 Euro brutto pro Führung und "tageweiser Anstellung" (also nicht einmal ein Vertrag als freier Dienstnehmer) ihre Kunstvermittlerinnen und Kulturvermittler abspeisen.

Durchgefallen im Eignungstest

Falls man überhaupt ausgewählt wird. Denn ein abgeschlossenes Studium, Berufserfahrung, Fremdsprachenkenntnisse und eine flüssige Präsentation reichen nicht aus, um im zweistündigen Assessment-Center zu überzeugen. "Das Englisch müsste auf dem Niveau eines Native Speakers sein", hieß es bei einer Bewerbungsrunde.

Also durchgefallen, da sich mein stimmhaftes "s" zu stark im englischen Vortrag durchgesetzt hätte. Das war das Feedback nach der langen Bewerbungsrunde, wo man unter anderem eine "Mini-Führung" auf Deutsch und den angebotenen Fremdsprachen durchführen musste.

Einschulung auf eigene Kosten

In einem weiteren namhaften Museum wird noch vor einem ersten Gespräch eine zehnminütige Überblicksführung gewünscht, die optimaler Weise als Dialog gestaltet sein sollte, wie ich im Nachhinein erfuhr. Ungeachtet der bisherigen Berufserfahrung und absolvierten Ausbildungen gehört es dort anscheinend zu den üblichen Gepflogenheiten, sich in den darauffolgenden Wochen auf eigene Kosten "einzuschulen". Mit anderen Worten: Man sollte bei den Rundgängen anderer Kunstvermittlerinnen und Kunstvermittler teilnehmen und anschließend eine weitere Probeführung ablegen, bevor man schließlich mit der Tätigkeit beginnen kann.

Abgesehen von den Fahrtkosten, die von der Institution nicht übernommen werden, wird ebenfalls vorausgesetzt, die dafür verwendete Zeit unentgeltlich zu investieren. Sicherlich nicht grundlos wird immer wieder die Stelle der "Freien MitarbeiterInnen für die Kunstvermittlung" inseriert.

In einer weiteren Institution setzt man im Bereich der Kulturvermittlung ganz auf das Motto "Ohne Fleiß kein Preis". Hier sollte man nach fünf unbezahlten Vormittagen zur Einschulung, die sich über mehrere Monate erstreckt, eine Prüfung ablegen. Sollte diese ausreichend überzeugen, darf man mit einem Vertrag rechnen. Um welche Art der Vereinbarung es sich dabei handelt, wie hoch die Bezahlung pro Führung ausfällt usw. ist trotz mehrmaligem Nachfragens nicht verraten worden. Dies möchte man beim ersten Einschulungstermin besprechen, hieß es lapidar.

Arbeit müsse Spaß machen

Mit dem Honorar ist es sowieso so eine Sache. Fragt man danach gleich am Beginn des
Vorstellungsgesprächs, so ist dies ein Ausschlusskriterium. Die Arbeit müsse in erster Linie Spaß machen, hieß es. Wenn es aber um die Bezahlung geht, hört der Spaß als Arbeitnehmerin auf, denn von irgendetwas muss man ja schließlich leben.

Abgesehen von der schlechten Bezahlung arbeitet man ohnehin viele Stunden gratis:

  • Die Vorbereitung zu einer neuen Ausstellung wird nur zu einem kleinen Teil (und das auch nicht überall) bezahlt,
  • die Zeit, die man mit der Vor- und Nachbereitung eines Workshops im Atelier einplanen muss
  • und letztlich auch die Vermittlungsprogramme, die sehr oft von den Kunst- und Kulturvermittlern konzipiert werden.

Lösungsvorschläge

In der Kunst- und Kulturvermittlung läuft viel falsch. Meine Erfahrungen der vergangenen vier Jahre und Erzählungen von Kolleginnen und Kollegen sowie Bekannten haben mir dies verdeutlicht. Ein Lösungsansatz wäre zum Beispiel, für Absolventinnen und Absolventen der Kunstgeschichte (oder verwandten Studienrichtungen) bezahlte, ein- bis zweijährige Volontariate von Museen und Kultureinrichtungen im Bereich der Museumspädagogik anzubieten. Wie in Deutschland mit einer Bezahlung von meist 1.100 bis 1.200 Euro brutto im Monat.

Der gesetzlich festgelegte Bildungsauftrag an die Bundesmuseen ist schön und gut. Man muss sicherlich anerkennen, dass in den vergangenen zehn Jahren einiges in der Kunstvermittlung in Museen - insbesondere für Schülerinnen und Schüler - getan wurde. Es gibt immer mehr Angebote, etwa pädagogisch angepasste Führungen und Workshops für die jeweiligen Schulstufen.

Jobmöglichkeiten gäbe es somit zur Genüge in der großen Museumslandschaft - alleine in Wien. Aufgrund der schlechten Bezahlung und prekären Arbeitsverträge - die oftmals nicht einmal richtige Verträge sind -, sind die Kunst- und Kulturvermittler gezwungen, in zwei, drei oder mehreren Museen zu arbeiten, um sich über Wasser halten zu können. Oft ist dies auch verbunden mit einem erheblichen Zeitaufwand für den Weg zur Arbeit.

Geringe Wertschätzung

Damit sich jedoch etwas verbessern kann, muss sich auch das Bewusstsein der Gesellschaft für diesen Berufszweig ändern. Ich erfahre die geringe Wertschätzung tagtäglich selbst - sogar im eigenen Freundes- und Bekanntenkreis. Fast fertig mit meinem Doktoratsstudium und vier Jahre nach meinem Diplomabschluss in Kunstgeschichte konnte ich trotz unzähliger Fachpraktika im In- und Ausland noch immer nicht richtig Fuß fassen.

Dass ich "nur" als Kunstvermittlerin arbeite, sehen die meisten als eine Notlösung an. Ein Bekannter meinte erst unlängst: "Der Job als Kurator wäre aber schon gscheiter, oder?" Was soll man darauf nur erwidern...

Es ist eine sehr anspruchsvolle Arbeit, Kunst einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, sich den sehr unterschiedlichen Besuchergruppen anzupassen, schwierigen Teenagern, die von Lehrern mit einer Führung "beglückt" werden, einen positiven Eindruck von der Ausstellung zu vermitteln, etc. Aber es ist auch eine sehr wertvolle Erfahrung, die ich machen durfte und die ich auch gerne noch länger machen werde. Vorausgesetzt, dass ich davon langfristig leben kann.

Führungen zum Schleuderpreis

Der Beitrag für eine Museumsführung liegt durchschnittlich zwischen 2,50 und 3,50 Euro pro Person und ist somit oft günstiger als die Leihgebühr eines Audioguides um meist 4 Euro. Die Botschaft, die dem Besucher dadurch transportiert wird, ist folglich jene, dass an einer Führung, die "billiger" ist als ein technisches Gerät, nicht so viel dran sein kann.

Trotz immer mehr Besuchern in den großen Museen wird die Bezahlung immer schlechter.

Die beliebtesten Museen können es sich aufgrund der vielen Bewerber "leisten", einen unfairen Lohn zu bezahlen. Kunst- und Kulturvermittlung wird sozusagen zum Schleuderpreis angeboten. Gleichzeitig werden die Ansprüche an die Vermittlung immer höher. Stichwort dialogische Führungen, Themenführungen sowie altersgerechte Schüler-Konzeptführungen mit einem anschließenden Workshop. Egal ob an Feiertagen, an den Wochenenden, um Mitternacht oder um 8 Uhr in der Früh bei einer Schülerführung. "Geführt werden soll jeder, immer und für jede einzelne Ausstellung", erklärte uns die Leiterin der Kunstvermittlung in der Albertina. Flexibilität als das um und auf in dieser Branche. Aber wie wird dies honoriert?

"Außenseiter" im Kulturbetrieb

Letztendlich ist man nicht nur im normalen Leben eine Art "Außenseiter" als Kunst- und
Kulturvermittlerin, sondern auch im Museum selbst.

In einem Museum bin ich auf sehr viel Unherzlichkeit und Affektiertheit gestoßen, als ich dort als sogenannte "Ersatzkassierin" (Springerin für die Bereiche Shop, Audioguide, Kassa und Besucherdienst, die vertraglich in einer niedrigeren Kategorie liegen als Shopmitarbeiter, aber überall einsetzbar sind) mein Brot verdiente.

Die Ansprache auf der alljährlichen Weihnachtsfeier beinhaltete viel Lob und Dank für alle wissenschaftlichen Mitarbeiter und Kuratoren, die mit ihren Namen und Titeln vorgestellt wurden. Was ausblieb, war der Dank an die "zweite" Reihe, die Kunstvermittlung eingeschlossen, obwohl diese ja auch zu den bleibenden Eindrücken der Besucher beitragen. Eine langjährige Mitarbeiterin aus der Kunstvermittlung sagte nur, dass sie froh wäre, überhaupt erstmals zur Weihnachtsfeier eingeladen worden zu sein.

Ich könnte noch viele solcher Geschichten und Episoden unserer ach so bedeutenden, mit hohen staatlichen Subventionen bedachten Bundes- und Landesmuseen sowie Museen, die mit Bundes- und Landesförderungen getragen werden preisgeben. Es würde ein Buch füllen. Mein Ziel ist es, mit diesem Beitrag auf die Problematik des Berufsfeldes Kunst- und Kulturvermittler aufmerksam zu machen, für mehr Wertschätzung für diesen Beruf zu appellieren und die Arbeitsbedingungen innerhalb der österreichischen Museumslandschaft aufzuzeigen. (Michaela Steinberger, derStandard.at, 3.11.2014)