"Hotels müssen mehr werden als nur Orte zum Schlafen", so Steinhage.

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Die Hotellerie der Zukunft muss ihren Gästen mehr bieten als eine Übernachtungsmöglichkeit, ist Immobilienökonom und Architekt Olaf Steinhage überzeugt: nämlich Authentizität, neue Gastkonzepte - und vielleicht Co-Working.

STANDARD: Welche Rolle spielen Hotels in der Zukunft?

Steinhage: Ich glaube, dass Hotels wieder eine Rolle in der Stadt einnehmen müssen. Sie müssen mehr werden als nur Orte zum Schlafen - nämlich auch Treffpunkte mit attraktiven gastronomischen Möglichkeiten. Die großen Eingangshallen müssen zu belebten und beliebten Plätzen gemacht werden - dann haben die Häuser auch viel mehr Erfolg. Wenn Sie sich zum Beispiel New York anschauen, dann sind die erfolgreichen Häuser, beispielsweise das ACE, wahre Institutionen der Stadt. Die haben tolle Restaurants, tolle Bars, tolle Orte. Für die mobile Generation sind Hotels jetzt schon Co-Working-Spaces, wo Leute in der Lobby sitzen, sich austauschen und zugleich arbeiten können.

STANDARD: Aber wie kann ein Hotel dazu werden?

Steinhage: Das hat viel mit der Architektur zu tun, aber auch mit dem Standort. Die Idee, dass das Hotel mehr ist als eine ausreichende Anzahl an Zimmern, hat in der DNA vieler großer Hotelketten bisher keine Rolle gespielt. Wo es funktioniert, sind häufig Persönlichkeiten am Werk, die die Stadt kennen und aus der Stadt heraus etwas entwickeln. Das braucht Fingerspitzengefühl und auch eine Bereitschaft, mit neuen Gastkonzepten umzugehen. Manche Betreiber setzen aber noch immer auf klassische Hotels, die sich nicht den Möglichkeiten des Marktes und den Vorstellungen der Menschen anschließen. Da werden in vielen Bereichen teure Flächen gebaut, die dann aber gar nicht in Anspruch genommen werden.

STANDARD: Experten sagen, Hotels müssen eine Geschichte erzählen.

Steinhage: Das Thema hat stark damit zu tun, dass die Menschen wieder nach mehr Authentizität suchen. Dass sie in Wien, Berlin oder London einen Ort finden wollen, der mehr erfüllt als die klassischen Grundbedürfnisse. Es geht auch darum, dass ich Menschen finde, die meine Interessen teilen. Das ist meiner Meinung nach auch ein großer Erfolgsfaktor von Hotels wie der 25hours-Hotelgruppe. Solche Konzepte können aufgehen, wo eine gewisse Weltoffenheit vorhanden ist und eine gewisse Klientel angezogen wird. Das muss nicht unbedingt eine Millionenstadt sein - ich könnte mir so etwas auch in Universitäts- oder Kulturstädten wie Graz und Innsbruck vorstellen.

STANDARD: Wie wirkt sich der gesellschaftliche Wandel auf die Hotellerie aus?

Steinhage: Die Buchungs- und Vorlaufzeiten werden immer kürzer. Die Darstellung der Hotels nach außen wird immer wichtiger. Viele Leute schauen sich im Internet ein Hotel an - und der zweite Klick geht dann schon zu den Bewertungen. Ich glaube auch, dass sich das Übernachtungsvolumen insgesamt weiter steigern wird, weil die Menschen gesund altern und daher die Möglichkeit haben, zu reisen. Außerdem kommen neue Gästegruppen, etwa aus China. Da wird Sprache ein großes Thema, aber auch die Speisenauswahl in den Hotelrestaurants und in letzter Konsequenz auch die Hygiene: Asiaten wollen eher baden als duschen, manche Kulturen finden Badezimmer ohne Bidets unhygienisch. Das wird in die Hotelplanung miteinfließen. (INTERVIEW: Franziska Zoidl, DER STANDARD, 4.10.2014)