Im südostenglischen Clacton-on-Sea steht eine Nachwahl an, weil ein Abgeordneter der Konservativen zur ausländerfeindlichen Ukip gewechselt ist. Das gibt, wie stets bei Wahlkämpfen, Anlass zu allerhand tragikomischer Selbstdemontage - jetzt aber auch mit massivem Schaden für die Gemeinde.

Auf Anweisung des Stadtrats wurde nämlich ein Graffiti auf der Strandpromenade entfernt - wegen angeblich rassistischer Inhalte. Das Bild, eine eindringliche Komposition, zeigte Tauben, die mit Plakaten gegen eine Schwalbe protestieren: "Migranten nicht willkommen!", stand auf einem zu lesen, "Zurück nach Afrika" oder, besonders gelungen: "Hände weg von unseren Würmern!"

Hm. Hier Rassismus - und nicht seine Entlarvung - zu vermuten, deutet auf ein massives Realitätsproblem hin. In so einer Stadt wird wahrscheinlich eingesperrt, wer bei einem Handtaschenraub "Haltet den Dieb" schreit - wegen Verunsicherung der Mitbürger.

Schon klar: Im Wahlkampf schießen Politiker immer wieder übers Ziel. Im Fall der Graffiti-Entfernung ging der Schuss aber ordentlich nach hinten los.

Das Bild der rassistischen Tauben hatte kein Geringerer als Banksy an die Wand gesprayt, der weltweit als Superstar gefeierte Graffitikünstler. Echte Banksys erzielen bei Auktionen Höchstpreise. In Bristol etwa wurde unlängst eines verkauft statt weggeputzt - um schlappe 400.000 Pfund. (Severin Corti, DER STANDARD, 6.10.2014)