Das Wirtschaftswachstum in Europa will und will nicht in die Gänge kommen. Nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen gegen null gesenkt und die Banken mit Geld geflutet hat, will EZB-Chef Mario Draghi den Banken und Staaten faule Kredite und Anleihen abkaufen.

Die meisten Experten sehen "Draghis billionenschwere Verzweiflungstat" (Der Spiegel) mehr als skeptisch, denn die Banken haben sich auch durch die jetzige Geldschwemme nicht zu erhöhter Kreditvergabe animieren lassen. Denn die Kreditnehmer - der Konsument und die Unternehmen - sitzen lieber auf dem Geld, als zu konsumieren oder etwas zu unternehmen. Die Staaten wiederum sind hilf- und ratlos, wie sie das Wachstum und die Arbeitslosigkeit senken können.

Europa und damit auch Österreich stehen vor düsteren Aussichten: Staatsschulden noch immer viel zu hoch, kein Wachstum, hohe Arbeitslosigkeit. In dieser Situation rettet sich Kanzler Werner Faymann in die Vergangenheit. Vor der Programmkonferenz der SPÖ erklärte er, wie wichtig es sei, "dass die Fehler der Wirtschaftskrise in den 30er-Jahren in der aktuellen Krise nicht wiederholt werden. Damals führte eine rigorose Sparpolitik zu Massenarbeitslosigkeit und Elend."

Dagegen kann man an sich nichts sagen. Was Faymann dann aber als Lösung anbietet, ist ein anderes Thema: "Umso entschlossener müssen wir ... klarstellen, dass wir im Gegensatz zu den Neoliberalen für Spekulationsverbote, für scharfe Kontrollen und für harte Regeln für die Finanzmärkte sind." Ja, eh, aber Spekulationsverbote und scharfe Kontrollen erzeugen eher sehr indirekt eine Umleitung der vorhandenen Mittel in die produktive Wirtschaft.

Um die geht es aber - und um den Konsum. Die Leute müssen wieder freudiger Dinge kaufen und die Unternehmer wieder fleißiger Dinge (und Dienstleistungen) erzeugen, die irgendwer kaufen will.

Die Wirtschaftsforschungsinstitute haben längst eine Reihe von Vorschlägen erarbeitet, die als Bündel das Wachstum ankurbeln könnten. Für den Konsum wäre natürlich eine Steuersenkung wichtig. Für die Betriebe wären es dutzende Maßnahmen, die insgesamt das Unternehmertum erleichtern und - längerfristig - die Innovation neuer Produkte ankurbeln.

Das Problem dabei ist, dass man - die Regierung - das einfach machen müsste, aber nicht tut. Zu mühsam. Zu viel Blockade durch den Klientelismus. Die ÖVP hat die Bremser in der Wirtschaftskammer sitzen, wo man nicht mehr Wettbewerb will, die SPÖ im ÖGB und der Arbeiterkammer, wo man gegen "Geschenke für Unternehmer" ist.

Manche schlagen bereits wieder vor, durch große Staatsprojekte auf Schulden anzukurbeln. Noch mehr Abermilliarden, um Arbeitsplätze für Maschinen im Tunnelbau zu schaffen? Wenn schon eine keynesianische Politik, dann als breit gefächerte Unterstützung für die vielen Klein-und Mittelbetriebe, die in Wahrheit das Wachstum und die Beschäftigung tragen. Aber das ist eben anscheinend zu mühsam. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 4.10.2014)