In den vergangenen Jahren hatte der Wiener Messestand "Wien - Europa Mitte" stets hohen politischen Besuch aus der Heimat. Heuer bleibt die Immobranche unfreiwilligerweise wieder unter sich.

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Egetenmeir: "Weitere Expo Real in Europa wäre sinnlos."

Foto: Messe München

STANDARD: Das Thema Wohnen spielt wieder eine große Rolle auf der Expo Real. Das war zu Beginn, 1998, wohl noch nicht so?

Egetenmeir: Nein, das war anfangs überhaupt nicht dabei. Die Messe war auf Office-Immobilien fokussiert, in der Folge kam sehr frühzeitig der ganze Retail-Bereich dazu. Als sich die Investments immer stärker in Richtung Mixed Use verlagerten, hat natürlich auch die Expo Real diesen Trend aufgenommen. Im Weiteren kam der Logistikbereich dazu, dann der ganze Hospitality-Bereich. Seit zwei, drei Jahren spielt auch Wohnen eine ziemlich große Rolle. Das richtet sich natürlich nicht an Endverbraucher, sondern läuft unter dem Aspekt der "Assetklasse". Wohnen ist eine sichere Kapitalanlage mit sicherer Rendite. Das hat sich in den letzten Jahren herausgestellt.

STANDARD: Welche Neuerungen wird es heuer auf der Messe geben?

Egetenmeir: Wir werden heuer das Thema Gesundheitsimmobilien - Krankenhäuser, Seniorenheime, Pflegeeinrichtungen - ziemlich groß spielen. Wir haben in Europa alternde Gesellschaften, die ältere Generation ist gleichzeitig eine sehr kaufkräftige. Da folgen natürlich auch die Investments.

STANDARD: Politiker scheinen heuer aber weniger auf der Messe zu sein.

Egetenmeir: Dieser Eindruck täuscht. Einige Namen sind noch nicht im Konferenzprogramm enthalten, weil die Politikerzusagen immer sehr spät kommen. Aber es wird etwa EU-Kommissar Günther Oettinger, der in Zukunft für die digitale Infrastruktur Europas verantwortlich sein wird, auf der Messe sein. Auch die neue deutsche Bundesbauministerin Barbara Hendricks wird kommen, außerdem der niederländische Wohnungsminister Stef Blok. Neben zahlreichen deutschen Oberbürgermeistern und Landesministern kommen beispielsweise auch der Minister für außenwirtschaftliche Beziehungen der Moskauer Stadtregierung, der Gouverneur der Region Moskau, der Vizegouverneur der Region Leningrad und der Vizebürgermeister von Helsinki. Es ist also erfreulicherweise viel Europa vertreten. Einzig aus Wien ist diesmal kein hoher Vertreter da, was ich sehr bedaure - weil Wien in den vergangenen Jahren sehr stark vertreten war.

STANDARD: Wünschen Sie sich mehr österreichische Politiker?

Egetenmeir: Ja, gerade weil Österreich eines der wichtigsten Ausstellerländer ist, würden wir uns sehr freuen, wenn wir nächstes Jahr wieder hochrangigen politischen Besuch aus Österreich bekommen, wie das in den letzten Jahren stets der Fall war.

STANDARD: Auch im Konferenzprogramm spielt die Alpenrepublik aber fast gar keine Rolle. Warum eigentlich?

Egetenmeir: Wir machen alle zwei Jahre im Investment-Locations-Forum eine Österreich-Veranstaltung. Da es letztes Jahr eine gab, gibt es die nächste 2015. Aber auf den beiden großen österreichischen Gemeinschaftsständen - kein anderes Land hat so große Gemeinschaftsstände wie Österreich - spielt sich ohnehin ein ziemlich anspruchsvolles Konferenzprogramm ab. Österreich macht also sein eigenes Programm, da wollen wir nicht unbedingt noch in Konkurrenz dazu treten. Davon abgesehen, haben wir natürlich eine ganze Reihe österreichischer Referenten im Programm.

STANDARD: Wie wichtig ist denn das Konferenzprogramm für die Messe?

Egetenmeir: Es hat eine sehr wichtige Teaserfunktion. Die Messebesucher kommen auch deshalb, um sich über neue Trends zu informieren: Welche Märkte ziehen gerade an, welche werden sich in Zukunft vielleicht eher wieder rückläufig entwickeln? In dieser Branche, die wie kaum eine andere auf Informationen angewiesen ist, die längerfristig halten - weil ja auch die Investments von ihrer Natur her mittel- bis langfristig angelegt sind -, spielt der Blick in die Zukunft eine große Rolle. Deshalb ist es für die Teilnehmer von größtem Interesse, wenn die CEOs der Branche auf der Bühne stehen und ihre Einschätzungen hinsichtlich der künftigen Entwicklungen in bestimmten Märkten darlegen, oder vielleicht sogar ihre Strategie erläutern. Das sind alles sehr wertvolle Informationen, deshalb spielt das Konferenzprogramm eine sehr große Rolle - in Ergänzung zu dem Angebot, das die Aussteller selbst auf ihren Ständen bieten.

STANDARD: Die "Real Vienna" musste 2012 nach sechs Jahren aufgeben. Was bedeutete das für Ihre Messe?

Egetenmeir: Ich denke nicht, dass dies für die Expo Real von Belang war, da sie ihr in enger Zusammenarbeit mit der Branche entwickeltes genuines Konzept verfolgt. Es gab ja auch in Hamburg den Versuch, einfach mal eine Immobilienmesse auf die Beine zu stellen. Mit der Expo Real stellen wir dem gegenüber den Markt in seiner vollen Bandbreite dar, also den kompletten Lebenszyklus der Immobilie, von der Ausweisung von Entwicklungsgebieten über Stadtplanung, Finanzierung, Investments, Facility-Management bis zum End-User. Ich glaube, dieses Konzept der gesamten Wertschöpfungskette trägt sich selbst so nachhaltig, dass die Messe nicht unbedingt Einflüssen der erwähnten anderen Messen ausgesetzt war.

STANDARD: Sollte es die Real Vienna also irgendwann wieder geben, sehen Sie das ...

Egetenmeir: ... ziemlich gelassen.

STANDARD: Ihr Konkurrent Reed Midem expandiert mit der Mipim stark, macht heuer erstmals eine Mipim UK, außerdem gleich zwei Mipims in Asien. Wollen Sie auch mit der Expo Real woandershin?

Egetenmeir: Nein. Innerhalb Europas, wo Sie von nahezu überall in maximal zwei Flugstunden in München sein können, macht eine weitere Expo Real oder ein Ableger keinen Sinn. Wir sehen uns mit Interesse an, wie sich die Mipim UK entwickeln wird, halten es aber in Bezug auf die Expo Real für strategisch wenig hilfreich, sich innerhalb des europäischen Marktes mit der gleichen Marke zu kannibalisieren. Mit Asien haben wir uns zu Beginn der 2000er-Jahre schon einmal beschäftigt. Damals stellten wir fest, dass die dortigen Märkte für so ein offenes Konzept, wie es der Expo Real eigen ist, nicht wirklich aufgeschlossen waren. Bevor wir uns also mit diesem Thema erneut befassen, müssen wir erst einmal schauen, ob sich da zwischenzeitig etwas verändert hat. Wir gehen jedenfalls nicht in fernere Regionen, nur damit wir dort sind. Das muss für uns und vor allem für unsere Messeteilnehmer auch sinnvoll sein.

STANDARD: Besuchen Sie die diversen Mipims eigentlich selbst?

Egetenmeir: Natürlich. Ich bin ja auch zur Real Vienna immer gerne nach Wien gekommen. Marktbeobachtung ist das A und O. (DER STANDARD, 4.10.2014)