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Der simpel erscheinende Zusammenhang von Geld und Glück ist gar nicht so leicht zu erforschen.

Foto: Reuters/Cambodia

Wien – Macht Geld glücklich? Dieser scheinbar simplen Frage gehen Forscher seit geraumer Zeit nach. Vereinfacht gesagt lautet der Großteil der Erkenntnisse so: Ohne geht es nicht, doch je mehr man davon hat, umso eher nutzt sich der Glück erzeugende Faktor ab. Die OECD hat sich dem Thema nun in einer neuen Studie gewidmet. Das Besondere daran: Die Studienautoren werfen ihren Blick weit in die Vergangenheit zurück und zwar bis zum Jahr 1820.

Zum einen widmeten sie sich dem Thema Einkommen. Was die Einkommensentwicklung in diesem Zeitraum betrifft, so ging es nicht überraschend nach oben: Die Löhne einfacher Arbeiter sind seit 1820 inflationsbereinigt um das Achtfache gestiegen. Das globale BIP – also die Wirtschaftsleistung – kletterte sogar zehn Mal so stark. Der Anstieg fiel in Westeuropa, Nordamerika, Australien, Nahost und Nordafrika stärker aus als in anderen Regionen.

Die Einkommen interessierten die Studienautoren allerdings ohnehin nur im Zusammenhang mit anderen Kennzahlen: Die historischen Daten erstrecken sich von inflationsbereinigten Löhnen über das BIP, die Lebenserwartung, Bildungsabschlüsse, Größe (als Maß für physisches Wohlbefinden und Ernährung), Sicherheit, politische Institutionen, die Umwelt bis hin zur Ungleichheit in Bezug auf Einkommen und zwischen den Geschlechtern.

Was die Ungleichheit der Einkommensverteilung betrifft, so fördern die Studienautoren kaum von den neueren Forschungsergebnissen abweichende Erkenntnisse zutage: Die Ungleichheit der Einkommen hat sich zwischen dem Ende des 19. Jahrhunderts und 1970 verringert und ist danach wieder erheblich gestiegen. In Osteuropa kam es nach dem Zusammenbruch des Kommunismus zu einem rasanten Anstieg und in China ist die Ungleichheit seit den 1990er Jahren auf dem Vormarsch. Insgesamt hat die Globalisierung seit den 1980er Jahren dazu geführt, dass die soziale Ungleichheit innerhalb der Staaten wuchs, während sie zwischen den Ländern zurückging. Soweit, so bekannt.

Auch die Lebensqualität nahmen die Studienautoren unter die Lupe. Auch sie hat sich seit dem frühen 20. Jahrhundert in großen Teilen der Welt verbessert. Um sich der Klärung dieser Frage anzunähern, konzentrierte man sich auf langfristige Trends in Gesundheit, Bildung, sozialer Gleichheit, Umwelt oder persönlicher Sicherheit. (Sie orientieren sich am "How’s Life?"-Bericht der OECD, der regelmäßig die Lebensqualität und den Fortschritt in modernen Gesellschaften misst, Anm.) Interessant ist, dass sich demnach in jüngerer Zeit die Lebensbedingungen in den Ländern rund um den Globus stärker angeglichen haben, als das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf.

In einigen Bereichen, wie zum Beispiel bei Bildung und Gesundheit, ist die statistische Korrelation mit dem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf zunächst relativ stark. 1820 konnte weltweit nur etwa jeder fünfte Mensch Lesen und Schreiben. Nach 1945 verbesserte sich die Alphabetisierung erheblich, im Jahr 2000 waren bereits acht von zehn Menschen in der Lage, zu lesen und zu schreiben. Ähnlich dramatisch war der Fortschritt bei der Lebenserwartung, die von weniger als 30 Jahren 1880 auf beinahe 70 Jahre (2000) stieg. Heute sind Dank einer verbesserten Gesundheitsversorgung selbst dort noch Fortschritte in der Lebenserwartung zu erkennen, wo das BIP stagniert.

Kaum ausgeprägt ist indes der Zusammenhang zwischen dem Reichtum eines Landes und der persönlichen Sicherheit seiner Bewohner: So waren zum Beispiel die Mordraten in den USA über 200 Jahre relativ hoch, während sie in vielen Teilen Asiens niedrig sind.

Der Schluss, den die Studienautoren aus all den gewonnenen und destillierten Daten ziehen, stützt wiederum die zahlreicher Forschungsergebnisse zum Thema: dass verbesserte Einkommen und höhere Wirtschaftskraft nicht notwendig auch zu Fortschritten in anderen Lebensbereichen führen. Das BIP allein spiegelt also die Lebensqualität nur ungenügend wider. Mit anderen Worten: Die Forscher können in gewisser Weise nachweisen, dass an dem alten Sprichwort "Geld alleine macht nicht glücklich" tatsächlich etwas dran ist. (rebu, derStandard.at. 2.10.2014)