Die Traubensilberkerze gilt als beliebte Alternative zur Behandlung von Beschwerden nach der Menopause.

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Die hormonelle Umstellung in den Wechseljahren führt oft zu postmenopausalen Beschwerden, die gerne alternativ zu konventionellen Therapien mit Präparaten der Traubensilberkerze (Actaea racemosa L.) behandelt werden. Einem Forscherteam der Universität Wien ist nun ein wesentlicher Schritt zur Aufklärung der möglichen Wirkmechanismen der Traubensilberkerze gelungen. Die neuen Erkenntnisse wurden kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift "Journal of Pharmacology and Experimental Therapeutics" veröffentlicht.

Beliebte Alternative

Pflanzliche Präparate haben den Ruf, keine Nebenwirkungen zu verursachen, da sie aus der Natur kommen. Dies trifft auch bei der Therapie von postmenopausalen Beschwerden mit natürlichen Arzneimitteln zu. Präparate aus der Traubensilberkerze gelten hierbei als eine der beliebtesten Alternativen zu verschreibungspflichtigen Medikamenten.

Die Wirksamkeit dieses Gewächs wird in klinischen Studien unterschiedlich bewertet. In manchen Erhebungen scheint durch ihre Einnahme eine Besserung der subjektiven Symptomatik vor allem bei Beschwerden wie Schlafstörungen, Hitzewallungen oder Unruhe einzutreten. Die wirksamen Inhaltsstoffe sind aber weitgehend unbekannt. Vermutet wird schon seit geraumer Zeit, dass einige Ingredienzen verschiedene Botenstoffsysteme im zentralen Nervensystem modulieren.

Einer der Inhaltsstoffe der Traubensilberkerze potenziert die Wirkung des wichtigsten hemmenden Botenstoffes (γ-Aminobuttersäure; kurz GABA) im Gehirn an sogenannten GABAA Rezeptoren. Dieser Rezeptor ist vor allem als molekulares Ziel ärztlich verordneter Schlafmittel wie Zolpidem, Diazepam, Anästhetika, Tranquilizer oder Antiepileptika bekannt.

Angstlösend und Stress reduzierend

Das Team rund Sophia Khom und Barbara Strommer vom Department für Pharmakologie und Toxikologie untersuchten zuerst den Effekt des Naturstoffes an neun verschiedenen GABAA-Rezeptor Subtypen, die in Eizellen des afrikanischen Krallenfrosches exprimiert wurden.

"In der von uns durchgeführten Studie war besonders auffällig, dass der Naturstoff keine Selektivität zeigt und alle untersuchten GABAA-Rezeptor-Subtypen gleichermaßen beeinflusst. Die maximale Wirkung war im Vergleich zu etablierten Substanzen wie Diazepam etwa sechsmal stärker ausgeprägt", erklärt Khom, Leiterin der experimentellen Untersuchungen an der Uni Wien.

Daraus kann man schließen, dass die Substanz vermutlich an allen im Gehirn vorkommenden GABAA-Rezeptoren angreift und dadurch signifikant die Erregbarkeit von Nervenzellen im gesamten Hirn verringert.

Genauer Wirkungsgrad noch unbekannt

Eine solche Wirkung reduziert Unruhe, Angst oder Stress, aber führt auch zu unerwünschten Wirkungen wie Sedierung - also einer Dämpfung der Funktionen des zentralen Nervensystems -, Schlafbedürfnis und dem Verlust der Kontrolle über die Muskulatur. Untersuchungen zeigten tatsächlich angstlösende und Stress reduzierende Effekte, jedoch auch eine starke Beruhigung, die im Einklang mit dem festgestellten Wirkungsmechanismus des Inhaltsstoffes steht.

Diese beruhigende Wirkung kann bei Gabe von Traubensilberkerzen-Präparaten zu einer erwünschten Linderung von Nervosität in der Postmenopause beitragen, vermutet Khom. Ob dies wirklich der Fall ist, kann jedoch erst in entsprechenden klinischen Studien beantwortet werden.

Mit der beobachteten Sedierung können jedoch auch unerwünschte Wirkungen verbunden sein. Immerhin sind verschiedene Präparate der Traubensilberkerze in den österreichischen Apotheken rezeptfrei erhältlich. "Ob es bei wiederholter Einnahme zu einer übermäßigen Sedierung beziehungsweise einer Beeinträchtigung der Verkehrstüchtigkeit kommt, können wir noch nicht mit Sicherheit sagen", erklärt die Forscherin.

Nebenwirkungen nicht ausgeschlossen

Ein strukturell ähnlicher Wirkstoff, der ebenfalls an GABAA-Rezeptoren wirkt, konnte bereits in einer früheren Studie identifiziert werden. "Wir wissen aber noch zu wenig darüber, wie lange diese Substanzen im menschlichen Organismus verweilen, wie sie sich im Organismus verteilen oder ob im Körper eventuell noch wirksamere, langlebige Metaboliten gebildet werden", so Khom. Bei unkontrollierter wiederholter Einnahme können, so die Forscherin, unerwünschte Wirkungen nicht ausgeschlossen werden. Wie diese und andere Untersuchungen zeigen, bedeutet pflanzlich also keinesfalls automatisch nebenwirkungsfrei. (red, derStandard.at, 2.10.2014)