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Foto: APA/Nicolas Armer

Neapel/Wien - Die Europäische Zentralbank kauft. Ab Mitte Oktober werden die Frankfurter Währungshüter Milliarden in Pfandbriefe stecken, im Laufe des vierten Quartals sollen dann noch verbriefte Unternehmenskredite (ABS) dazukommen. "Wir glauben, dass unsere Maßnahmen einen spürbaren Effekt haben werden", betonte EZB-Präsident Mario Draghi. Beide Programme sollen zwei Jahre laufen und zusammen bis zu 1000 Milliarden Euro schwer sein. Den Leitzins beließ die Notenbank auf dem Rekordtief von 0,05 Prozent.

Draghi betonte in seiner Rede, dass die Konjunkturrisiken für die Eurozone nach wie vor hoch und die EZB bereit sei, "weitere unkonventionelle Maßnahmen zu treffen", wenn das Risiko einer Deflation bestehe. Zuletzt lag die durchschnittliche Teuerung im Euroraum nur bei 0,3 Prozent im Jahresvergleich, deutlich unter der Zielrate von zwei Prozent.

Wenig Euphorie an den Märkten

Was zunächst nach einem Befreiungsschlag der Zentralbank gegen die schwache Wirtschaftslage aussieht, hat an den Finanzmärkten und bei Ökonomen am Donnerstag wenig Euphorie ausgelöst. Deutsche Volkswirte kritisierten vor allem, dass die EZB auch zum Kauf von Ramschpapieren bereit ist, also Kapitalinstrumenten mit einem schwachen Rating. Der deutsche Volkswirt Hans-Werner Sinn, Präsident des ifo, polterte in einer Aussendung: "Die EZB wird damit vollends zu einer Bail-out-Behörde und einer Bad Bank Europas. Die EZB will offenbar auch Schrott kaufen und erhöht auf diese Weise die Belastung für die Steuerzahler, wenn es Ausfälle gibt."

Denn im Rahmen des ABS-Kaufprogramms wird die EZB bereit, auch ABS-Papiere zu erwerben, die aus Ländern wie Griechenland oder Zypern kommen, die von den Ratingagenturen als Ramsch eingestuft werden.

An den Finanzmärkten sorgten die Details des Ankaufprogramms für fallende Kurse. Denn zum Umfang der beiden Kaufprogramme machte die EZB keine genauen Angaben. Das theoretisch mögliche Volumen von einer Billion Euro dürfte die Notenbank aber nicht ausschöpfen, sagte Draghi. Dem Vernehmen nach soll es zu den ABS zwei Gegenstimmen im EZB-Rat gegeben haben, war aus Finanzkreisen zu erfahren. Dabei soll es sich um Bundesbank-Präsident Jens Weidmann und Österreichs Notenbank-Chef Ewald Nowotny gehandelt haben.

Kreditverbriefungen waren in der Finanzkrise ab 2007 vor allem in den USA als Brandbeschleuniger in Verruf geraten. Mit dem Kauf der Wertpapiere sollen Banken entlasten werden. Sie können Kreditrisiken bündeln, aus der Bilanz auslagern und am Finanzmarkt handeln. Idealerweise haben sie dann mehr Mittel frei, um neue Darlehen zu vergeben und so die Wirtschaft anzukurbeln. Kritiker bezweifeln den Erfolg des EZB-Programms, zumal es wegen der schwachen Konjunktur kaum Nachfrage nach Krediten gibt.

Proteste in Neapel

In der süditalienischen Metropole Neapel kam es rund um die EZB-Ratssitzung zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Kapitalismusgegnern und der Polizei. Vor dem Tagungsgebäude, dem aus dem 18. Jahrhundert stammenden Capodimonte-Palast, warfen einige der nach Polizeiangaben 600 teils vermummten Demonstranten Rauchbomben und Feuerwerkskörper. Die Polizei setzte einen Wasserwerfer und Tränengas ein. Italien leidet stark unter der Wirtschaftsflaute in der Eurozone - vor allem der strukturschwache Süden des Landes. (sulu, Reuters, APA)