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Ein chinesisches Unternehmen brachte die erste E-Zigarette auf den Markt.

Foto: apa/Marcus Brandt

Salzburg/Wien - Mehr als drei Milliarden US-Dollar (2,4 Milliarden Euro) Jahresumsatz werden bereits durch den Verkauf von E-Zigaretten erwirtschaftet. Vermarktet werden die Produkte als "gesündere Alternative" zur herkömmlichen Zigarette. Doch der "gesündere Schein" trügt, betonten Experten bei der Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖPG) in Salzburg (bis 4. Oktober).

Der Wiener Umwelthygieniker und Anti-Rauch-Aktivist Manfred Neuberger erklärte dazu: "Der Schaden überwiegt den angeblichen Nutzen. Bei E-Zigaretten gehören Werbung, Marketing, Sponsoring, Verkauf und Warnhinweise genauso streng geregelt wie bei Zigaretten.

Bereits seit Jahrzehnten gibt es Bemühungen, den Tabakkonsum insgesamt - damit vor allem das Zigarettenrauchen - zurückzudrängen. 2005 holte die Industrie zum Gegenschlag aus, so eine Aussendung der ÖPG. Ein chinesisches Unternehmen brachte die erste E-Zigarette, bei der eine Nikotin-haltige Lösung verdampft wird, auf den Markt. Jetzt gibt es laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits mehr als 450 solcher Produkte. Die E-Zigaretten wurden schon in tausenden verschiedenen "Geschmacksrichtungen" angeboten.

Inhaltsstoffe sind nicht deklariert

Geworben wird vor allem mit dem "rauchfreien Nikotingenuss". Doch für Neuberger ist das längst nicht so eindeutig, wie beworben: "Es gibt bereits wissenschaftliche Studien, die belegen, dass die mit dem Dunst der E-Zigaretten eingeatmete Partikelzahl- und Partikelgröße ähnlich jener von Zigaretten ist. Die Inhaltsstoffe sind nicht deklariert, die Dosis ebenfalls nicht kontrolliert." Enthaltene Lösungsmittel und andere Additive (Glycerin, Propylen- und Äthylenglykol) stehen in begründetem Verdacht, die Lunge zu schädigen. Es muss nicht nur der Teer der alten Glimmstängel sein.

Neuberger: "Als Lösungsmittel für Nikotin und Aromen wird meist Propylenglykol verwendet, das selbst ein Reizstoff und Kontaktallergen ist und aus dem sich durch den Heizdraht Propylenoxid entwickelt, das im Verdacht steht, krebsfördernd zu sein." Alternativ wird in E-Zigaretten als Lösungsmittel Glycerin verwendet, aus dem sich durch Hitze das noch stärker schleimhautreizende Acrolein entwickelt, das auch das Flimmerepithel (Selbstreinigungsapparat) in den Bronchien lähmt.

Der Experte in der Auflistung der potenziell gefährlichen Stoffe: "Noch problematischer ist das ebenfalls als Lösungsmittel verwendete Äthylenglykol (1,2 Ethandiol), dessen Reaktionsprodukte nieren- und neurotoxisch sind."

Oft werden die E-Zigaretten auch als Möglichkeit für die Zigarettenentwöhnung beworben. Der Wiener Experte: "Dieser Effekt bei Rauchern, bei denen alle anderen Mittel und Therapien fehlgeschlagen sind, ist wohl gering."

Kaum Studien zu Spätfolgen von E-Zigaretten

Dafür ist die Werbewirksamkeit der E-Zigaretten umso größer: Sowohl die Weltgesundheitsorganisation als auch die nationalen US-Zentren für Krankheitskontrolle (CDC/Atlanta) haben sich erst vor wenigen Tagen ausgesprochen besorgt geäußert. Die E-Zigaretten könnten gerade bei Minderjährigen und Jugendlichen den Griff zur "Zigarette" fördern und sie nikotinabhängig - eben auf andere Art - machen. Darüber hinaus würden auch nikotinfreie E-Zigaretten mit Zuckerl-, Alkohol- oder anderen Geschmacksrichtungen gerade Kinder und Jugendliche ansprechen und in dieser Prägephase das Rauchverhalten verankern.

"Natürlich macht das Nikotin der E-Zigaretten genauso abhängig wie das Nikotin der herkömmlichen Tabakprodukte", sagte Neuberger. Gleichzeitig gibt es bisher kaum wissenschaftliche Studien zu den gesundheitlichen Spätfolgen der E-Zigaretten. Auch strikte Regulierungen wie bei vielen anderen gesundheits- oder krankheitsrelevanten Produkten fehlen.

Neuberger sieht die Gesundheitspolitik in Zugzwang: "Die Inhaltsstoffe müssen deklariert werden, Standards gehören etabliert. Das muss mit Produkttests untersucht werden. Alle nicht bewiesenen Gesundheitsaussagen für E-Zigaretten müssen verboten werden. Marketing und Verkauf an Minderjährige muss genauso verboten sein wie jener von Zigaretten. Auf den Packungen sollten Warnhinweise aufscheinen." (APA, derStandard.at, 2.10.2014)